Leitung: Maximilian Latz, Nadja Heckelsberg

verstaerker@koelncampus.com

Welches Geräusch macht das Zerplatzen der Träume?

Verfasst von Wiebke Reimers am

Ab Juli werde es kein weiteres Heft der «intro» mehr geben, so verkündigte es heute Daniel Koch, Chefredakteur des beliebten Musikmagazins. Ein persönlicher Nachruf.

Wiebke Reimers

Oh, du sanftes, weiches, beruhigendes Papier. Für dich sind so viele Bäume gestorben, aber was auf dir steht ist so schön abwechslungsreich anders als die ewig gleichen Borkenkäfer unter der Rinde. Ich nahm dich gern mit in den Park oder aufs Sofa, keine Position war mir zu schade für dich als treuen Wegbegleiter. Du hattest alles, was ich begehrte, und das war und bleibt unterhaltsamer und ehrlicher Musikjournalismus.

Ja, die Print-Ausgabe der «intro» ist Geschichte, aber wie ein jeder seinen Alltag mit den verschiedenen Ausgaben verschönerte, bleibt eine besondere Geschichte. Und hier möchte ich von meiner Bindung zu dieser einzigartigen Publikation erzählen.

Kiel. Wir schreiben das Jahr 2014, und wie soll es anders sein? Es regnet. Und was macht man an solchen Tagen an der Ostsee? Ohne Segelboot? Richtig, lesen und sich irgendwie gedanklich an einen anderen Ort träumen. An diesem verregneten Tag wird mir klar: Hey, ich wohne nun in einer Großstadt! (Ja, lacht ruhig, ihr Kölner, aber Kiel ist mit fast 250.000 Einwohnern die größte Stadt nördlich von Hamburg.) Wie auch immer, ich radel also meinen Weg zum nächsten Club meines Vertrauens (in den Luna Club), denn da wartet meine begehrte Lektüre auf mich. «intro» heißt sie und ab dann soll sie mich noch einige Jahre stetig begleiten.

Kontakt hatte ich schon zuvor mit dir gemacht. Zu dem Zeitpunkt war ich Praktikantin ohne Geld und dein Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar: gratis und trotzdem gewagt. Als Indie-Fanatiker der späteren Stunde war ich direkt gepackt von den Themen der Hefte: Lykke Li, Blood Red Shoes, The Black Keys und viele mehr, sie alle wurden aufgezählt und das ganz selbstverständlich. Schon seit Längerem nannte ich mich einen Musik-Nerd und nun endlich stellte ich fest: Es gibt mehr von uns! Und das machen sogar manche beruflich! Für mich war ohnehin schon klar gewesen: Journalismus, das soll's sein. Aber jetzt vielleicht sogar Musikjournalismus? Nach dem Praktikum beim lokalen Radiosender folgte ein weiteres bei einem Lifestyle-Magazin und wieder durfte ich erst für neue Alben und Singles recherchieren, um dann darüber für die Print-Ausgabe zu schreiben. Stets an meiner Seite: die «intro» für die heißen Tipps. Manchmal am Sonntag auf dem Balkon, manchmal in der Bahn nach Hamburg, um dort mit Freunden auf die empfohlenen Konzerte zu gehen.

Es folgte der Umzug nach Köln, das Bachelor-Studium und die ehrenamtliche Tätigkeit bei Kölncampus. Und während ich mich langsam nach und nach im semi-professionellen Radio austobte, hatte ich die gesamte Zeit eine Idee im Hinterkopf: Eines Tages, da werde ich ein Praktikum bei der «intro» machen. Und der Gedanke dahinter war stets der, dass ich dem Heft zuarbeiten werde. Dies ist kein einzigartiger Weg, den ich einschlagen wollte, denn schon vor mir hatten viele davon geträumt und den Traum vom Praktikum (bei einer der wohl besten Musikmagazine Deutschlands) in die Tat umgesetzt. Nun, mein Traum von einem von mir verfassten Artikel auf den bunten Seiten der «intro» ist vorerst in Luft aufgegangen. Es gibt aber noch Hoffnung, und die stirbt bekanntlich ja zuletzt.

Welches Geräusch macht das Zerplatzen der Träume? Die  «intro» ist zwar Geschichte, aber Musik, über die es sich zu schreiben lohnt, wird es immer geben.

Mit deinen 27 Jahren auf dem Buckel steigst du, liebe Print-Ausgabe der «intro», nun auf an einen Ort mit ebenso interessanter Gesellschaft. Der Club 27 wird dich gut unterhalten. Wir aber werden dich und deine bedruckten Seiten in der Bar unseres Vertrauens vermissen. Danke für alles!

Richtigstellung: In der Originalversion dieses Artikels wurde irreführenderweise davon gesprochen, das Online-Angebot der  «intro» würde noch weiterbestehen und -betrieben werden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Redaktion entschuldigt sich dafür, falsche Hoffnung verursacht zu haben.

Zurück zur Übersicht

Sag's weiter: