Radiohead: A Moon Shaped Pool - Review
Verfasst von Jonas Franke am
Radiohead haben ihr neues und 9. Studioalbum A Moon Shaped Pool herausgebracht, Wir haben es uns angehört und sind über das Ergebnis sehr überrascht.
Der Release: Ein echter Thriller
Wenn eine Band ein neues Album auf den Markt bringt, dann kann man davon ausgehen, dass Plattenfirmen immer die selben Promostrategien haben. Über soziale Netzwerke, wie Facebook oder Twitter werden Alben im Vorfeld beworben, Zeitungen und Radiosender werden mit Pressemitteilungen versorgt, dann gibt es eine Vorab-Single und irgendwann ist dann das Album da.
Wesentlich kryptischer und geheimnisvoller geht es bei Radiohead zu. Nach dem ihr letztes Album King of Limbs bereits 5 Jahre zurückliegt, hat man auf Anhieb nicht mit einem neuen Album gerechnet. Doch dann ging alles ganz schnell und die Engländer haben dann ganz unerwartet doch ein neues Album rausgebracht.
Angefangen hat alles mit Festival-Zusagen. Radiohead wurden nämlich für das Primavera Sound Festival in Spanien und das Austin City Limits in Texas gebucht. So mancher Radiohead Hardcore-Fan hat das zum Anlass genommen, über ein mögliches neues Album zu spekulieren. Die Frage, ob da wirklich was dran ist, hat man sich aber dennoch nicht ernsthaft gestellt. Ab den 30. April diesen Jahres wurde es dann ernst. Radiohead haben ihren komplettten Facebook-Auftritt auf Null gesetzt. Weißes Profil-Bild, weißes Timeline-Cover und alle Einträge gelöscht. Die Gerüchteküche brodelte, Haben Radiohead sich aufgelöst oder ist das ein Neuanfang? Dann ging der Thriller weiter. Denn Fans, die zuvor Kunden im offiziellen Radiohead-Online-Shop bestellt haben, haben per Post kleine Kärtchen erhalten, auf denen Textzeilen aus der Vorab-Single Burn The Witch eingraviert waren. Weiterhin wurden kurze Auszüge aus dem Song per Instagram präsentiert. Radiohead befeuerten die Gerüchteküche, ohne jemals konkret über eine Veröffentlichung zu werden.
Am 3. Mai war es dann soweit. Radiohead veröffentlichen die erste Single. Das Stop-Motion Video zu Burn The Witch wurde via Facebook veröffentlicht und ab dann war klar, da kommt was neues von den 5 Engländern.
Damit nicht genug: Am 6 Mai legten Radiohead mit einer weiteren Single Daydreaming nach. Auch dazu gab es ein aufwändig produziertes Video mit surrealer Handlung.
Am 8 Mai kam dann ganz überraschend das neue Album von Radiohead A Moon Shaped Pool auf den Markt
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Wesentlich zerbrechlicher und ruhiger als der Vorgänger.
Nicht nur der Release überrascht,
sondern auch die Qualität. Denn Radiohead haben ein Album
geschaffen, das sehr ruhig und fragil ist.
War der Vorgänger King Of Limbs leider nur ein halbgares Werk,
welches zwar hier und da starke Momente hatte, es aber am gewohnten
Gesamtkonzept gefehlt hat, ist A Moon Shaped Pool wesentlich
konturenreicher. Es ist viel durchdacher arrangiert. Elemente, wie
Streicher werden zwar häufig, aber an den richtigen Stellen
eingesetzt. Darüber hinaus gehen Radiohead wieder an das klassische
Songwriting zurück. Während auf King Of Limbs viele Songs eher wie
Mantren und elektronische Experimente gewirkt haben, geht es der Band
hier wieder mehr um die Aussage.
Thematisch geht es in den Texten um klassische Radioheadthemen. Es wird dystopische Gesellschaftskritik geübt. „You really messed up eveything“ singt Thom Yorke in Ful Stop, dabei hat er vielleicht im Kopf, wie der Mensch mit seiner Umwelt umgeht. Oder auch die Single Burn The Witch spricht in einem Europa, dass immer weiter nach rechts rückt eine deutliche Sprache und klagt die Lynch-Mob Stimmung an, wie sie von rechtspopulisitschen Parteien wie UKIP, Front National oder der Alternative für Deutschland angeheizt wird. Aber auch persönliche Themen finden auf A Moon Shaped Pool ihren Platz. So hat sich z. B. Thom Yorke nach 20 Jahren von seiner Freundin Rachel Owen getrennt. Auch wenn die Trennung freundschaftlich war, ist die Erfahrung dennoch erschütternd. In Songs, wie Daydreaming trauert Yorke mit den Rückwärts abgespielten Zeilen „Half of my Life“, „I found my love“ einer vergangenen Liebschaft nach.
Alles in allem haben Radiohead wieder ein sehr aussagekräftiges und brilliant durchdachtes Album geschaffen, dass an die besten Platten der Band, wie OK Computer, Kid A oder In Rainbows anknüpfen kann. Man kann es drehen und wenden, wie man möchte. Radiohead gehören immer noch zu den einfallsreichsten Bands unserer Tage und zeigen, dass noch viel in ihnen steckt.