Elfter Elfter in Polen

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Es ist kein großes Geheimnis, dass der 11.11. für alle Kölner ein besonderer Tag ist. Die fünfte (und für viele wichtigste) Jahreszeit beginnt und das wird natürlich ordentlich gefeiert mit Kölsch, Kostümen und Kassala. Anderen Erasmusstudenten dieses Phänomen zu erklären, ist oft mit skeptischen Blicken und Unverständnis verbunden. Ja, Kölner sind ein bisschen verrückt. Ja, wir fangen schon um neun Uhr an zu trinken. Najaaaa, nicht alle sind Alkoholiker.

Aber nicht nur in Köln wird der 11. November gefeiert. Auch in Polen ist der Tag von Bedeutung. Gefeiert wird die Unabhängigkeit Polens.

Katja Egler (Kölncampus)

Wer sich mit der Geschichte Polens nicht so gut auskennt, als kleine Erklärung: Polen wurde im 18. Jahrhundert in drei Schritten unter den Mächten Preußen, Österreich und Russland aufgeteilt, sodass von 1795 bis 1918 kein freier polnischer Staat bestand. Nach 123 Jahren tauchte Polen wieder auf der Landkarte auf. Der Nationalfeiertag wird gerade am 11. November gefeiert, da an diesem Tag die provisorische Regierung (Rada Reqencyjna) Marschall Józef Piłsudski mit der Bildung einer Regierung beauftragte.
Am Nationalfeiertag sind alle Geschäfte und Restaurants geschlossen und die Städte mit Rot-weißen Fahnen geschmückt. Auch viele Polen tragen die Flagge als Anstecknadel. Ich habe die Stimmung sehr feierlich und auch als patriotisch empfunden.
In Warschau  war die Stimmung aber leider nicht so friedlich. Hier gingen Tausende auf die Straße und nahmen am sogenannten Unabhängigkeitsmarsch teil. 
Auch in Lodz, der drittgrößten Stadt Polens, warnte das International Office die Erasmusstudenten vorsichtig zu sein, da nationalistische Gruppen auf den Straßen unterwegs sein können. Gerade wenn man einem dann die ausländischen Wurzeln ansieht, könnte es brenzlig werden.

Ich habe diesen Tag jedoch in Posen verbracht, wo man von all den Ausschreitungen und Krawallen nichts mitbekommen hat. Hier wird zwar auch die wiedererlangte Unabhängigkeit gefeiert, aber viel wichtiger ist der Martinstag, der mit dem Martinsumzug und Martinshörnchen gefeiert wird. 

Katja Egler (Kölncampus)

Die Martinshörnchen oder im Polnischen rogal Swietomarcinski, sind eine Spezialität, die man nur in Posen und Umgebung probieren kann und so bedeutend für die Stadt sind, dass es für sie sogar ein eigenes Museum gibt. Ihre Form soll an den Huf von Martins treuen Pferd erinnern. Angeblich wurden sie damals gebacken, um die ärmere Bevölkerung zu verpflegen. Auch wenn das damals vielleicht nicht der Fall war, nutzen heute gemeinnützige Organisationen den Tag um Spenden zu sammeln. Zum Beispiel mit dem Verkauf von den Hörnchen.
Gefüllt sind die Martinshörnchen mit  Weißmohn, Vanille, Datteln und Feigen und dekoriert mit Nüssen und Zuckerguss. Dadurch sind sie relativ mächtig. Ich fand's lecker, meine portugiesischen Freunde waren jedoch relativ enttäuscht. Der Kölner würde dazu sagen: Jeder Jeck ist anders.
Die Straßen Posens sind gefüllt mit feierwütigen Polen und Touristen. Es gibt Essens- und verschiedene Martkstände, Reden und überall Musik, sowie einen Marathon am Vormittag. Und um 13.30 beginnt dann das Highlight: Die Martinsparade.

Katja Egler (Kölncampus)

Örtliche Vereine dekorieren Wägen und bilden Fußgruppen. Sie stellen meist Figuren und Symbole dar aus Legenden und Geschichten der Stadt Posen. Natürlich darf Sankt Martin dabei nicht fehlen, aber auch sieht man häufig Ziegen. Dahinter steckt eine Legende, nach der ein Koch den Gänsebraten verbrannt hat und stattdessen zwei Ziegenböcke für die Festgemeinschaft zubereiten wollte. Die Tiere konnten aber fliehen und fingen an vor versammelten Gästen die Hörner zu stoßen. Weil die Gäste das aber so unterhaltsam fanden, haben die Ziegen einen Ehrenplatz in der Turmuhr des Rathauses erhalten. Jeden Tag pünktlich um zwölf Uhr kommen sie heraus und stoßen sich die Hörner. 

Auch außerhalb Köln wird der 11.11. gefeiert. Dabei bestehen doch einige Gemeinsamkeiten zwischen Posen und Köln: viele Traditionen, Ziegenböcke, Menschen auf der Straße und einige sind dabei auch verkleidet. 
Wer den 11. November mal in Posen verbringen will, sollte aber unbedingt daran denken, dass alle Geschäfte und viele Restaurants geschlossen haben. Etwas  Essbares abgesehen von Martinshörnchen zu finden, ist dann gar nicht so einfach. Und wenn man auch andere Seiten der Stadt sehen will, sollte man ein paar Tage früher anreisen, da Museen und Sehenswürdigkeiten aufgrund des Unabhängigkeitstages geschlossen haben. 





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