Gender Data Gap- Eine Welt nur für Männer gemacht?
Verfasst von Tatjana Walker am
Gender Data Gap
Wir leben in einer Welt des Big Data. Eine riesige Flut an Daten, aus allen Bereichen des menschlichen Lebens. In unserer Welt werden ständig neue Dinge entwickelt und im gleichen Zuge, mit gewissen erhobenen Durchschnittsdaten abgeglichen.
Dabei beschreibt der sogenannte Gender Data Gap eine Datenlücke, die explizit auf das Geschlecht bezogen ist. Diese Daten werden überwiegend von der männlichen Fraktion erhoben und genutzt. Das heißt die meisten unserer Produkte basieren auf männlichen Daten, da der Mann als Prototyp genutzt wird. Ob in der Medizin, in der Wirtschaft oder in der Technik. Dies bedeutet im Endeffekt: Die weiblichen Bedürfnisse werden vergessen und somit nicht erforscht und folglich ignoriert.
Unsichtbare Frauen
„Denn wir Mensch sagen, meinen wir meistens den Mann.“, sagt Caroline Criado-Perez. Die in London lebende Aktivistin und Journalistin schrieb ihr Buch „Invisible Women“ über genau dieses Datenleck. In ihrem Werk erläutert und belegt sie, dass die geschlechterbezogene Lücke Frauen im Alltag, beziehungsweise im ganzen Leben, benachteiligt. Dabei wird klar, der Gap entsteht dort, wo überwiegend oder sogar ausschließlich, männer bezogene Daten ermittelt werden.
Caroline Criado- Perez legt in ihrem Buch einen Schwerpunkt auf den Bereich der Medizin und wie genau hier fehlende Daten schwere gesundheitliche Risiken für Frauen bedeuten können. Sie unterfüttert ihr Buch mit unzähligen Beispielen und beschreibt diverse Situationen aus dem Alltag.
Gender Data Gap als Gesundheitsrisiko
Besonders kritisch ist die Datenlücken der Gender- Data Gap in der Medizin. Beispielsweise werden Diagnoseverfahren und Dosierungen größtenteils an Männer angepasst und nicht nach Mann und Frau differenziert. Der Grund dafür, der weibliche Körper ist durch die hormonellen Schwankungen zu kompliziert. Dies zu berücksichtigen wäre zu aufwendig und zudem zu teuer. Infolgedessen sind Dosierungsangaben in Packungsbeilagen häufig auf den männlichen Körperbau angepasst. Der männliche Körper gilt bis heute als Maßstab für die medizinische Entwicklung. Erst 2014 wurde im Arzneimittelgesetz verankert, dass Frauen in klinischen Studien repräsentiert werden müssen und somit der Nachweis der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Arzneimittels in Differenzierung zwischen Mann und Frau erfolgen muss.
Ein weiteres Beispiel aus der Medizin: Symptome beim Herzinfarkt. Zu den Herzinfarkt Symptomen beim Mann zählen Schmerzen in der Brust und in dem linken Arm. Bei Frauen jedoch treten andere Symptome auf. Neben Übelkeit leiden Frauen oft auch an Atemnot und Erschöpfung. Diese Krankheitszeichen sind allgemein weniger bekannt und das medizinische Personal dahingehend nicht so sehr sensibilisiert. Folglich hat dies gravierende Folgen, denn Herzinfarkte bei Frauen werden oft zu spät oder gar nicht diagnostiziert.
Auch bei Unfällen ist der Gender Data Gap ein wiederkehrendes Thema. Denn die Test- Dummys, die zum Einsatz kommen, sind alle der männlichen Durchschnittsgröße und dem Durchschnittsgewichts angepasst. Somit sind die Ausstattungen in Autos, wie Sitze, Airbags und Anschnallgurte, an die männliche Statur angepasst. Konkret bedeutet das, dass 17% mehr unfallbedingte Verletzungen für Frauen auf den vorderen Sitzen verzeichnet werden. Dies bringt faktisch höhere Unfallrisiken für Frauen mit sich. Diese Beispiele sind keine Einzelfälle oder zufällige Daten Fehlinterpretationen.
Aus dem Alltag
Auffällig in vielen deutschen Großstädten, aber auch in Köln: Oft sind öffentliche Toiletten für Männer kostenlos. Aber wie sieht es bei den Frauen aus? Genau, Frauen zahlen 50 Cent für den Toilettengang. Es sind nicht nur die kostenpflichtigen Toiletten, die den Frauen einen Nachteil bereiten, denn auch die meisten Firmen und Einrichtungen sind im Schnitt mit mehr Toiletten für Männer als für Frauen ausgestattet.
„Eine gleiche Grundfläche von Damen- und Herrentoiletten ist ein Nachteil für Frauen. Herrentoiletten haben sowohl Kabinen als auch Urinale und können so pro Quadratmeter von mehr Personen gleichzeitig benutzt werden als Damentoiletten. Selbst bei der gleichen Anzahl von Kabinen wäre das Problem nicht gelöst, weil Frauen für die Toilettenbenutzung bis zu 2.3-mal so lang brauchen wie Männer.“ (Zitat aus dem Buch „Unsichtbare Frauen“ von Caroline Criado- Perez).
Ausblick
Es gibt unzählige Beispiele aus dem Alltag, die ganz klar zeigen, dass die Welt noch nicht geschlechtergerecht ist. Wichtig und elementar ist es, dass sich die Wissenschaft stärker mit dem Gender Data Gap befasst.
Man muss nur beachten, selbst wenn dieser Gap gestopft ist, sind nicht alle Sieger. Es sollte jedoch auch anderen gesellschaftliche Randgruppen zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt werden.
„Es gibt eine Leerstelle in den wissenschaftlichen Daten in Bezug auf Frauen im Allgemeinen …, doch über Schwarze Frauen, behinderte Frauen oder Frauen aus der Arbeiterschicht gibt es praktisch keinerlei wissenschaftliche Daten“, schreibt Criado- Perze.
AutorIn: Tatjana Walker
Bild: Unsplash.com von Cerqueira
Quellen: taz.de, zeit.de, handelsblatt.com, ndr.de, crashstats.nhtsa.dot.gov, ze.tt, pressrelations.com, freiheit.org, detektor.fm, emotion.de, utopia.de, srf.ch, Buch "Invisible Women" von Caroline Criado Perez