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About Cancel-Culture: Die Schattenseite von Social-Media

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Cancel-Culture - Wer etwas sexistisches, rassistisches oder homo-, trans- oder sonstwie phobes schreibt, soll von der Social-Media-Polizei zur Verantwortung gezogen werden. Jede*r Einzelne kann mitmachen, frei nach dem Motto: Millionen Menschen können nicht irren.

Ein Phänomen unserer Zeit

Eine Gruppe von Personen zieht eine andere öffentlich zur Verantwortung, für Äußerungen oder Verhalten, die als problematisch oder beleidigend angesehen werden. Dieses Phänomen findet meistens online auf den Profilen von “Celebrities” statt. Kommentare werden gepostet und geliked, Statements veröffentlicht und geteilt. Das Fehlverhalten des Täters/der Täterin soll öffentlich gemacht werden. Mit dem Druck der Masse sollen dann Veränderungen erzwungen werden.

Anfang 2019 wurde die Doku Leaving Neverland veröffentlicht, die sich den hartnäckigen Gerüchten um Michael Jackson widmet. Barbara Schöneberger erntet einen Shitstorm und löst mit ihrem Clip über die Beziehung zwischen Männern und Make-Up eine Diskussion über traditionelle Rollenbilder aus. Harvey Weinsteins Prozess, als Folge des Metoo-Skandals beginnt bald. Drei Fälle großer Online-Diskussionen in den Social-Media-Trends, alle öffentlich verurteilt.

Cancel-Culture ist nichts weiter als eine Konsequenz

Cancel-Culture sei unter anderem eine Reaktion auf das Versagen der Politik. Im politischen Diskurs sei der “Rahmen des Sagbaren so weit ausgedehnt, dass nur noch wenig einem Tabubruch gleichkommt.”, schreibt Max Tholl, Redakteur beim Tagesspiegel in einem Artikel über den Boykott an diskriminierenden Künstler*innen. Die Politik könne längst nicht mehr ihrer Verantwortung als moralische Instanz nachkommen. Oft werde Meinungsfreiheit als Rechtfertigung für sexistisches oder diskriminierendes Gedankengut missbraucht.

Auf den sozialen Plattformen hätten eigentlich die Betreiber die Verantwortung zur Regulierung, stattdessen versuche ein Teil der Nutzer*innen selbst Moralität zu erzwingen.

Cancel-Culture und andere Bewegungen, die online starteten haben den Zweck, den Mächtigen die Übermacht zu nehmen. Social-Media besitzt eine große Reichweite und versucht alte Hierarchien durch neue Strukturen zu ersetzen. Sara Hagi, Autorin bei Time bringt diese Faktoren, welche der Cancel-Culture ihre  Durchschlagskraft geben, auch mit dem Hashtag #metoo in Verbindung, welcher 2017 trendete.

Bisher ungehörte Personen(gruppen) könnten sich durch Social-Media zu Wort melden.
Erst durch die Medienlawinen wird vielen Opfern diskriminierender Kommentare oder Verhalten bewusst, dass sie nicht alleine sind und welche Instrumente ihnen zur Verfügung stehen. Durch die große Präsenz und Macht der sozialen Netzwerke drängen sie in die Sphären jener vor, “deren Privilegien bis dato immer historisch von der öffentlichen Prüfung abgeschirmt waren.” Früher “ wurde erwartet, dass du still bleibst, während deine Rasse, Ethnizität, Geschlecht oder sexuelle Identifizierung vor dir durch den Schmutz gezogen wurde.”, schrieb Renée Graham in ihrer Kolumne It’s not ‘cancel culture.’ It’s facing consequences in der Boston Globe. Nun gäbe es Konsequenzen, denn genug sei genug!

Cancel-Culture geht oft zu weit

Es gibt viel Kritik an dieser Entwicklung. “Es gibt keine Regeln. Du hast keine Ahnung, was morgen passiert.”, sagt Robin Thede, us-amerikanische Comedian in einem Interview auf CBSN. Cancel-Culture ist ein Trend, der mit der wachsenden Macht der sozialen Netzwerke mitgewachsen ist.

Die Masse, die hinter einem Shitstorm steht, ist nicht zu kontrollieren.
“Cancel-Culture ist oft gut. Aber dann kann es auch sehr lächerlich werden. Wenn jemand ein falsches T-Shirt anhat und alle so: Du bist gecancelled!”, so Thede. Sie mache sich oft Gedanken darüber, ob ihre Witze schon Cancelling-Material seien.

Dort sieht auch Amanda Seales, ebenfalls Comedian, ein Problem: “Wir schauen nicht mehr auf die konkrete Situation. Man sollte, wenn möglich, die Kunst von dem Künstler/der Künstlerin trennen.” Ähnlich äußerte sich der ehemalige US-Präsident Barack Obama auf einer Gipfel der Obama Foundation: Menschen, die großartiges leisteten, hätten Fehler. Man soll also immer noch den vielleicht guten Menschen hinter der Tat sehen und ihn nicht nur auf eine Sache reduzieren. Andererseit muss man sich bewusst sein, dass Personen des öffentlichen Lebens oft genau auf eine Sache, nämlich ihr Image, reduziert werden. Man müsse verstehen, so Seales, dass die Menschen die Kunst machten, von den Konsument*innen profitierten und dadurch oft weiter negativen Einfluss besäßen, wenn sie daran nicht gehindert werden.

Obama kritisiert weiterhin die Einstellung, die oft hinter der Bewegung Cancel-Culture steckt:

“Der Weg, wie ich Veränderung bewirken kann, ist andere so viel wie möglich zu bewerten. Das ist kein Aktivismus!”
Der Hintergrund dafür sind die vielen Shitstorms, die es im Netz immer schneller gibt. Tausende bis Hunderttausende stürzen sich auf eine Person oder Gruppe.

Die Rehabilitation ist sehr schwer

Cancel-Culture werde zu stark vereinfacht, kritisiert Sarah Hagi. “Der Begriff wird in so vielen Kontexten benutzt, dass er bedeutungslos wird.” Es brauche differenziertere Diskussionen bei konkreten Einzelfällen. Einerseits darüber, was getan wurde und andererseits darüber, wie der Täter/die Täterin zur Verantwortung gezogen werden solle.

Man kann nicht alle Sachverhalte gleichstellen
.Als Idee für einen nächsten bzw. einen Gegen-Trend wirft Amanda Seals die Bezeichnung “Redemption-Culture” in den Raum. Diese könne eine Art Rehabilitationsmöglichkeit bei einem echten Sinneswandel darstellen. Dieser Meinung sind auch ein paar Teenager, die für den Artikel Tales From the Teenage Cancel Culture von Sanam Yar und Jonah Engel Bromwich für die New York Times befragt wurden. Ben, 17 findet, dass der Boykott durch Cancel-Culture “jemandem die Möglichkeit nimmt, von seinen/ihren Fehlern zu lernen.” Alex, ebenfalls 17 sieht aber auch eine Rehabilitation kritisch. Sie sehe den Stempel “cancelled” als permanent und glaube, dass man trotzdem immer nach dieser Tat bewertet werde und nicht als die Person, die man eigentlich sei.

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