Frühstückslektüre I Run, Robot, Run!
Verfasst von Katharina Saga am
Menschen
können es schon mit eineinhalb Jahren, manche Tiere gar wenige
Stunden nach der Geburt: Die Rede ist vom Laufen. Was bei Lebewesen
ein Resultat der Evolution ist, fällt Robotern bisher nur allzu
schwer. Ein Kölner Zoologe will den Fortbewegungsproblemen der
Maschinen Abhilfe schaffen – indem sie von Tieren lernen. Denn
selbst von einer Kakerlake könnten Roboter profitieren. Grund genug,
einen Blick auf die Fähigkeiten unserer technischen Mitbewohner zu
werfen.
Vor 14 Jahren kam mit I, Robot ein Science-Fiction-Film in die deutschen Kinos, in dem humanoide Roboter nicht nur super smooth laufen, sondern auch gigantisch gut springen, klettern und kämpfen können. An dieser Stelle darf man sich übrigens kurz alt fühlen. Immerhin spielt sich das Szenario des Blockbusters erst 2035 in Chicago ab. Dennoch klettern unsere Roboter keine Wolkenkratzer hoch und so richtig flüssig Laufen war bisher auch nicht drin. Noch immer denken wir bei dem Wort Roboter an abgehackte Bewegungen und unhandliche, unmobile Gerätschaften. Warum ist das so?
Töltende
Kakerlaken
Auf
diese Frage hat Dr. Tom Weihmann Antworten parat. Er ist Zoologe an
der Uni Köln und erforscht aktuell, wie Laufroboter dynamischer
werden können. Vor allem Gangartwechsel und das Laufen auf
unbekanntem Untergrund macht Robotern Probleme; Tiere hingegen
reagieren intuitiv. Damit Maschinen ähnlich energieeffizient
vorankommen, müssen ihre Bewegungsabläufe vor allem stabilisiert
werden. Wie Tiere sich stabil fortbewegen, hängt dabei stark von der
Anzahl ihrer Beine ab – und genau das interessiert Dr. Weihmann: Er
will die unterschiedlichen Bewegungsmuster auf die Roboter übertragen
und hofft auf neue Impulse für deren Mobilität. Ausgerechnet die
Kakerlake ist ein besonders interessantes Exemplar der
Tierphysiologie: Um bei hoher Geschwindigkeit nicht auszurutschen,
wechselt der Sechsbeiner in den „Tölt“ – eine Gangart, die man
sonst vor allem von Islandpferden kennt.
Galoppierende Roboter
Auch wenn Kakerlaken den meisten Laufrobotern einiges voraushaben, so gibt es schon jetzt ein paar beeindruckende Beispiele für äußerst mobile Maschinen. Das Unternehmen Boston Dynamics hat mit dem Roboter Atlas ein Modell vorgestellt, das nahezu mühelos auf diversen Untergründen joggen kann. Seine Bewegungen haben nicht mehr viel mit den ruckartigen Moves der früheren Roboterentwürfe zu tun – sogar springen kann der technische Zweibeiner. Möglich gemacht wird das durch den 3D-Druck, wodurch Platz und Gewicht der Maschine reduziert werden konnten. Wie der Kölner Zoologe Dr. Weihmann ließ sich auch Boston Dynamics bei anderen Modellen von der Tierwelt inspirieren: Die Optik und die Bewegungen von Spot-Mini sind Hunden nachempfunden. Der Roboter läuft auf vier Beinen und kann sich scheinbar mühelos navigieren; sogar Treppen steigen soll das futuristische Haustier. WildCat ist ebenfalls vierbeinig und ähnelt zwar weniger einer Katze, kann aber dafür galoppieren und erreicht so bis zu 32 km/h. Im Gegensatz zu Spot-Mini macht der Ferrari unter den Laufrobotern jedoch einen ohrenbetäubenden Lärm und scheint schnell ins Straucheln zu kommen.
Mensch
vs. Technik?
Und
dennoch: Sowohl humanoide als auch tierähnliche Roboter bestechen
schon jetzt durch erstaunlich stabile und fließende Bewegungen, die
fast ein bisschen eigenständig wirken. Zu eigenständig? Wer sich
noch an I,
Robot
erinnert (es wird nicht gespoilert!), ist von der Idee frei
umherlaufender Humanoide vielleicht nicht unbedingt angetan. Von der
Gefahr der Verselbstständigung agiler Roboter ist außerdem weder
beim Kölner Zoologen noch bei Boston Dynamics die Rede. Wer schon
eine futuristische Dystopie durch dynamische Roboter-Kakerlaken
befürchtet hat, kann also aufatmen. Und überhaupt: Bis 2035 ist es
ja noch lange hin.
Also – 17 Jahre. Man, sind wir alt.