Frühstückslektüre | Darum fallen wir leichter auf Fake News rein, als wir glauben
Verfasst von Stephan Senger am
Fake News? Wer fällt denn auf sowas rein? Natürlich, immer nur die anderen. Irgendwelche Verschwörungstheoretiker, Kleingeister und vor allem Menschen mit anderen politischen Ansichten sind anfällig für falsche Neuigkeiten. Psychologische Studien zeigen nun aber, dass wir weit leichtgläubiger sind, als wir zu meinen glauben. Ist das so? Und wie können wir uns dagegen schützen?
"Im baden-württembergischen Schondorf randalierten 1.000 Migranten auf einem Volksfest." "Das Bombenattentat auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund wurde von der Antifa verübt." "Margot Käßmann bezeichnete auf dem Kirchentag alle Deutschen als Nazis." Solche und ähnliche reißerische Überschriften sind Beispiele für Fake-News, die sich in den letzten Monaten im Internet wiederfanden. In Zeiten von Twitter & Co. verbreiten sie sich im rasenden Tempo durchs Netz, sie werden diskutiert und tausendfach geteilt. Als „Fake News“ bezeichnet man manipulativ verbreitete, vorgetäuschte Nachrichten, die sich überwiegend im Internet und in sozialen Medien verbreiten, zum Teil auch viral. Mit Schlagzeilen, gefälschten Bildern und Behauptungen werden Lügen und Propaganda verbreitet. Und das Ganze passiert nicht zufällig, sondern oft gesteuert: Hinter vielen Falschmeldung steckt eine Absicht.
Fake News sind auch zunehmend zu einem politischen Schlagwort geworden, weil mit ihnen gezielt die öffentliche Meinung beeinflusst werden kann. Der Begriff „Fake News“ wurde in den letzten Jahren häufig von einer bestimmten Person vereinnahmt: Donald Trump. Der US-Präsident nutzt den Begriff selbst oft als politischen Kampfbegriff und diffamiert so Journalisten als unglaubwürdig. Politiker sind heutzutage nicht mehr nur auf die etablierten Nachrichten angewiesen, um ihre Botschaften verbreiten zu können. Trump selbst kommuniziert am liebsten direkt über Twitter mit seinen Anhängern und Gegnern. Seine Sicht der Dinge sind „Real News“, seine Argumentationsbreite 280 Zeichen groß. So hat man als berühmte Persönlichkeit oder Organisation schnell und eigenständig die Möglichkeit, sich von vermeintlich kritischer Berichterstattung abzuwenden und die eigene Sichtweise als die „Wahrheit“ darzustellen. Wer steckt hinter der Verbreitung von Fake News? Einerseits, wie bereits erwähnt, Persönlichkeiten und Organisationen mit einer beeinflussenden Absicht auf die öffentliche Meinung. Andererseits sind es aber auch die konventionellen Medien selbst, die Nahrung für Fake News produzieren können, denn nur in den seltensten Fällen ist die Falschmeldung komplett frei erfunden. Zwar werden laut einer Studie der Stiftung „Neue Verantwortung“ falsche und irreführende Informationen vor allem von Rechtspopulisten und Rechtsextremen verbreitet. Aber die konventionellen Medien recherchieren oder interpretieren manchmal falsch, lassen Details in der Berichterstattung aus oder stellen Einzelheiten unbewusst falsch dar. Rechtspopulistische Akteure nutzen solche Ungenauigkeiten der „Lügenpresse“ und instrumentalisieren diese für ideologische Kampagnen auf ihren eigenen Kanälen.
Jeder kann auf Fake News reinfallen
Wer nun denkt, für solche gezielt verbreiteten Falschinformationen seien nur Verschwörungstheoretiker oder Systemgegner empfänglich, dem widersprechen neuere Studien aus der Kognitionsforschung. Laut diesen Studien kann sich eine Lüge aus verschiedenen Gründen schnell in den Köpfen festsetzen, und zwar bei jedem. Beispielsweise glauben wir erstens Lügen eher, wenn sie uns in unserer Meinung bestärken und unserer Weltsicht entsprechen. Das heißt, eine Nachricht, auch eine falsche Nachricht, wirkt eher glaubwürdig, wenn sie widerspiegelt, was wir denken. Dieses Muster nutzen Rechtspopulisten für sich. Hassnachrichten gegen Flüchtlinge werden dementsprechend von Menschen geteilt, die ihr spezielles Weltbild über den Beitrag ausdrücken und gleichzeitig bestätigen.
Zweitens speichern wir gelesene Fehlinformationen schnell ab. Oft gibt es bei Fehlinformationen einen Punkt im Beitrag, der irgendwie kurios ist und über den man sprichwörtlich stolpert. Dieser Fakt verwundert und bleibt im Kopf. Liest man Fehlinformationen ohne kritische Distanz und ohne sie zu hinterfragen, prägen sie sich ein und verändern das Denken nachhaltig. Drittens sind Fake News deshalb so wirksam, weil sie Fakt und Fiktion miteinander vermischen. Zu wahren Ereignissen werden erfundene Fakten hinzugedichtet. Der daraus entstandene Brei an Informationen ist nur schwer auseinander zu dividieren. Hier wird die oben erwähnte Verantwortung der etablierten Medien deutlich, über eine ausgiebige Recherche ein ausgewogenes Meinungsbild zu schaffen, welches Grundlage der Meinungsbildung jedes Einzelnen ist.
Wie können wir also Fake News erkennen? Das ist gar nicht so leicht, wie eine weitere Studie des Marktforschungsinstituts Ipos herausfand. Demnach glauben nur 47% der Deutschen, Fake News eindeutig erkennen zu können. Dennoch gibt es für jeden eine Art Checkliste, die zumindest die Wahrscheinlichkeit signifikant reduziert, auf Fake News hereinzufallen.
So fällt man nicht auf Fake News herein
Zunächst einmal gibt auf jeder Website das Impressum Auskunft über den Urheber, denn in Deutschland gilt eine Impressumpflicht. Seiten ohne Impressum sollte man kein Vertrauen schenken. Die Adresse des Herausgebers von Fake News Seiten liegt oft nicht in Deutschland. Falls der Autor des Beitrags angegeben ist, kann man nach sonstigen Beiträgen des Autors recherchieren.
Man sollte Inhalte immer gegenchecken. Wurde über denselben Sachverhalt bereits von anderen vertrauenswürdigen Medien wie der FAZ, der Süddeutschen Zeitung oder der Tagesschau berichtet? Falls nicht, sollte man der Nachricht zumindest kritisch gegenüberstehen. Wie seriös erscheinen weitere Artikel der vermeintlichen Fake News Seite? Halten diese Artikel der Gegenprüfung anderer Medien stand?
Es gibt Fälle, in denen die Falschmeldungen das Design vermeintlicher Qualitätsmedien kopieren. Deswegen muss man immer die URL der Nachricht kontrollieren. Die Webadresse im Browser gibt Auskunft darüber. Jedoch unterscheiden sich die URL-Adressen häufig nur durch einen kleinen Zusatz wie Bindestriche oder einer Endung wie .net vom Original.
In sozialen Netzwerken sollte man sich immer das Profil des Absenders kontrollieren, bevor man Inhalte teilt. Wie lange gibt es den Account bereits? Ist der Account per blauem Haken verifiziert? Wie viele Freunde oder Follower hat er und wer sind sie? Sehr neue Profile mit wenigen Followern gegen Anlass zur Skepsis. Auch können bisher veröffentlichte Beiträge genauer betrachtet werden. Sind die Tweets und Postings zeitlich und inhaltlich konsistent?
Zuletzt kann man noch Fotos und Videos überprüfen. Wurde das Foto tatsächlich an dem angegebenen Ort aufgenommen? Werbetafeln, Verkehrsschilder und Autokennzeichen können Hinweise geben. Oft hilft auch ein einfacher Gegencheck über die Google-Bildersuche. Fake News Macher zeigen oft auch nur Bildausschnitte, wodurch der ursprüngliche Kontext der Aufnahme nicht wahrheitsgemäß wiedergegeben wird. Auch so können Bildaussagen manipuliert werden.