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Frühstückslektüre | Triggerwarnung für Literatur

Verfasst von Daniel Kremer am

Der Begriff "triggered" kommt aus den Sozialen Netzwerken ins echte Leben. Als eine Art Frühwarnsystem sollen Trigger-Warnungen z.B. Leser vor für sie schädlichen Inhalten schützen.

pixaboy.com/CCO Creative Commons

Was bedeutet "triggered"


"Ich fühle mich getriggered" -  ein Satz, der aus den sozialen Netzwerken nicht mehr wegzudenken ist. Er wird benutzt, wenn z.B. ein User durch einen Kommentar oder Artikel einen Reiz verspürt, der ein Gefühl von Hass oder Unwohlsein zur Folge hat.  Der Reiz ist also der "trigger", was sich aus dem Englischen mit "Auslöser" übersetzen lässt.
 
Aber das ist nur die "moderne" Verwendung von "triggered" . Denn eigentlich kommt der Begriff aus der Psychologie  und beschreibt den Umstand, in dem z.B. Personen, die mit  einer PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) diagnostiziert wurden, durch einen Auslöser an ihr Trauma erinnert werden und gezwungen sind es noch einmal zu durchleben.  Welche Form ein trigger annehmen kann, ist von Person zu Person unterschiedlich, es kann z.B. ein Geruch sein oder das Blitzlicht einer Kamera. Das kann dazu führen, dass eine Person mit PTBS selbst nicht weiß, was sie triggered, bis es dann zu einer Reaktion kommt.

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Warnhinweis - sinnvoll oder nicht?


Um ihre Studierenden vor möglichen Anfällen zu schützen, haben Lehrende an Universitäten in den USA, damit begonnen Triggerwarnungen für die im Seminar verwendete Literatur herauszugeben. In diesen Warnungen weisen sie auf Teilthemen hin, die für bestimmte Teilnehmende als ein Auslöser fungieren können. Geht es in der zu behandelten Literatur z.B. um Vergewaltigung,  sind Überlebende einer solchen Gewalttat mit einem potentiellen "trigger" konfrontiert.

Auf den ersten Blick ist diese Herangehensweise eine gute Hilfestellung für die Betroffenen, weil sie dadurch selbst bestimmen können, wann und im welchem Maß sie sich mit ihrem Trauma auseinandersetzen. Doch hat diese Lösung auch bestimmte Nachteile. In einer großen Gruppen ist es nur schwer möglich, auf die Bedürfnisse aller Teilnehmenden Rücksicht zu nehmen. Die einzelnen Betroffenen nehmen in dieser Konstellation somit eine Sonderstellung in der Gruppe ein und sind ggf. mit Gegenreaktionen (z.B. Unverständnis) konfrontiert.

Ein weiteres Problem im Bezug auf "trigger" ist die unbedachte Verwendung dieses Wortes. Ähnlich wie bei einer Depression, kann eine zu wahllose Verwendung des Begriffs "trigger" zu seiner Verharmlosung führen. Das bedeutet, dass diejenigen, die tatsächlich an einer PTBS leiden, mit denjenigen in einen Topf gesteckt werden, die den Zustand des "getriggered sein" freier interpretieren und darin eher eine Möglichkeit sehen, ein Thema aus dem Seminar zu streichen, das  z.B. nicht ihren eigenen Wertvorstellungen entspricht.

Im Grunde genommen ist die Triggerwarnung aber auch nur eine temporäre Lösung für Betroffene von PTBS oder ähnlichen psychischen Erkrankungen. Denn anstatt die Konfrontation zu suchen und dadurch zu lernen mit ihrem Trauma umzugehen, um seinen Einfluss auf den Alltag zu reduzieren, wird durch die Triggerwarnung das Problem nur nach hinten geschoben. Das kann dazu führen, dass die Angst sich ungehindert ausbreiten kann und später, wenn die Betroffenen sich für eine Therapie oder andere Hilfsmittel zur Traumabewältigung entscheiden, den Heilungsprozess sehr verkompliziert.

Im Bezug auf die Triggerwarnung für Literatur kann man das Ganze so zusammenfassen, dass sie einerseits das Potenzial hat eine gute Hilfe für Betroffene zu sein, die noch nicht bereit sind, sich mit ihrem Trauma auseinanderzusetzen. Auf der anderen Seite kann diese Hilfestellung  aber auch schnell ausgenutzt werden. In einem Versuch auf die Bedürfnisse der Studierenden einzugehen, befinden sich die Lehrenden in einem Konflikt, der darauf aufbaut zu unterscheiden ob die Person, die angibt getriggered zu sein, tatsächlich an einer Angststörung leidet oder nicht.

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