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Frühstückslektüre | Dr. Google: vom Cyberchonder und dem Nocebo-Effekt

Verfasst von Henrike Hesseler am

Schwindelgefühle, Kopfschmerzen oder Hautveränderungen - wer Krankheitssymptome bemerkt, möchte meistens gerne - und vor allem schnell - wissen, was dahintersteckt. Aber so dringend, dass man sich auf den Weg zum Arzt machen und im Wartezimmer ausharren möchte, ist es dann auch wieder nicht. Da bleibt nur noch Dr. Google, der zu jeder Zeit und an jedem Ort bequem erreichbar ist.

Aber anstelle der erhofften Erleichterung oder schnellen Antwort auf die Ursache der Symptome tun sich neue Sorgen auf. Denn es ist egal, welchen Suchbegriff wir eingeben, Krebs und andere ernsthafte Erkrankungen werden eigentlich immer als mögliche Ursache aufgelistet. Dass viele bei solch düsteren Aussichten erstmal geschockt sind, kann man sich ja vorstellen. Kein Wunder also, dass das Googlen nach Symptomen tatsächlich ernsthafte Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben kann.

Cyberchondrie als mögliche Folge

Folge davon kann zum Beispiel Cyberchondrie sein: die Angst davor, schwer erkrankt zu sein. Dabei handelt es sich um eine Hypochondrie, die aber durch das Googlen nach Symptomen ausgelöst wird. Die Betroffenen sind ständig online auf der Suche nach Erklärungen für eingebildete oder tatsächliche Symptome. Die Suchergebnisse führen dazu, dass der Betroffene einem großen psychischen Druck ausgesetzt ist und durch das Ziehen falscher Schlüsse sogar unter Todesängsten leiden kann. Der Gang zum Arzt wird dennoch häufig vermieden. Cyberchondrie kann dadurch zu einer ernstzunehmenden psychischen Störung ausarten.

Das negative Pendant zum Placeboeffekt: der Nocebo-Effekt

Daneben ist auch der Nocebo-Effekt problematisch. Das bedeutet, dass gewisse Symptome nur dann auftreten, wenn wir wissen, dass sie mit einer Krankheit in Verbindung stehen. Im Prinzip ist es das Gegenteil vom Placeboeffekt, bei dem Präparate ohne Wirkstoff eine Besserung des Krankheitszustands zur Folge haben, nur weil man das erwartet. Das kann natürlich auch offline passieren, zum Beispiel beim Lesen des Beipackzettels. Die Onlinerecherche kann aber auch Auslöser des Effekts sein, der die Cyberchondrie verstärkt.

Vorteile der Onlinerecherche

Doch trotz dieser Nachteile, die Dr. Google mit sich bringt, wird der Netzdoktor von der Hälfte der Internetnutzer geschätzt. Das hat Anfang des Jahres eine Studie der Bertelsmann-Stiftung belegt. Demnach würden die Patienten die Suchmaschine vor allem zum Überprüfen ärztlicher Empfehlungen oder Vergleichen von Therapien nutzen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen über Internetforen wird überwiegend als positiv eingeschätzt. Schwierig ist es nur, die Qualität der gefundenen Informationen als Laie richtig zu werten; viele Patienten würden der Studie zufolge die Suchergebnisse nicht hinterfragen.

Um sich einen Überblick zu verschaffen, welche Ursachen den Krankheitserscheinungen zugrunde liegen können, kann die Onlinesuche durchaus nützlich sein – vorausgesetzt man geht kritisch und mit Bedacht mit den Informationen aus dem Internet um. Wer sich aber ernsthafte Sorgen um seinen Gesundheitszustand macht, sollte den Arztbesuch auf keinen Fall durch Dr. Google ersetzen.

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