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Glühbirne | 50 Jahre nach 68 – Studentenproteste heute

Verfasst von Marius Ochs am

Am 14. Juni fand eine Vollversammlung Kölner Studierender statt, um auf das geplante, neue Hochschulgesetz in NRW zu reagieren. Das festival contre le racisme ist gerade zu Ende gegangen, genauso wie die Besetzung des „Café Chaos“. In Köln scheint es im Moment, genau 50 Jahre nach der 68er Bewegung, eine relativ aktive Studierendenschaft zu geben, die auch in der Öffentlichkeit für ihre Interessen einsteht. Doch die Tragweite, die Wut und der Reformwillen der damaligen Zeit werden natürlich nicht erreicht.

Nicht so jedoch in anderen Teilen der Welt. Im Jahr 2018 gab es bereits einige studentische Bewegungen, deren Proteste in den jeweiligen Ländern tatsächlich auch gesetzliche Folgen nach sich zogen. Außerparlamentarische Oppositionen scheint es also noch zu geben. Sind die Themen andere als damals? Wie steht es um Protestbewegungen innerhalb der deutschen Studentenschaften?

Die letzten Studentenproteste mit eigenem Wikipedia-Eintrag in Deutschland – wenn man das mal als Zeichen von Signifikanz betrachten möchte - datieren auf das Jahr 2011. Auch damals ging es, wie bei der Vollversammlung in Köln, um die Bildungspolitik. Lange dauerten sie aber nicht an; es fehlte an Organisation und gemeinsamer, starker Position. Die Polizei beendete die beiden Besetzungen schnell, erreicht wurde kaum etwas. Seitdem ist es still. Größere oder gar bundesweite Aktionen gab es kaum mehr.


Weitaus präsenter in der westlichen Öffentlichkeit sind momentan die ausufernden Proteste von Studierenden, die in Frankreich vor sich gehen. Dabei wurde hauptsächlich eine Reform des Bildungssystems hin zur sogenannten „Segregation“ kontrovers diskutiert. Zulassungen zu Universitäten sollen per Gesetz mehr durch Motivationsschreiben und weniger das Abitur geschehen. Unterschiedliche Angaben von Ministerium und Besetzer*innen sprechen von 8, beziehungsweise 20 besetzten Universitäten. Teilweise waren bis zu 100.000 junge Menschen auf den Straßen. Es war an manchen Orten von einem „neuen 68“ die Rede.

Das ist jedoch vermutlich ein wenig hoch gezielt. Was die damaligen Proteste so prägend, so erinnerungswürdig macht, ist nicht der Protest gegen einzelne politische Agenden. Retrospektiv betrachtet war das, was die Gesellschaft verändert hat, der Anstoß einer kulturellen Wertedebatte. In einem Zeitalter faktisch ohne Opposition in Deutschland und einer vom kalten Krieg geprägten Welt, übernahmen die Studierenden eine wichtige politische Aufgabe: Widerworte geben, Forderungen stellen, Druck auf das Altbewährte ausüben.

Die gesamtgesellschaftliche Relevanz der heutigen Revolutionen in Frankreich – und 2009 sowie 2011 in Deutschland – ist also nicht einmal in der Nähe dessen, was 68 geschah. Das soll nicht heißen, dass die Aktionen schlecht, oder gar unnötig seien. Im Gegenteil, solche Proteste sind, gerade im Zeitalter der Politikverdrossenheit, unglaublich gut und wichtig. Außerdem gibt es weltweit auch Beispiele, die eindeutig den Geist von 68 mit sich tragen.


In Chile kämpft derzeit eine feministische Studentenbewegung für die Rechte von Frauen. Vorwurf an das gesamte politische System ist, dass es sexistisch strukturiert sei und Frauen das Aufsteigen in der Karriere hauptsächlich durch sexuelle Gefälligkeiten möglich gemacht werde. Ein struktureller Wandel wird angestrebt, um ein emanzipiertes Hochschulsystem zu entwickeln. "Machos werden nicht geboren, die chilenische Bildung macht sie dazu" und „Nein heißt Nein“ heißen zwei der Parolen, die in über 20 besetzten Universitäten im ganzen Land skandiert werden.

In der Türkei sitzen Studierende aufgrund von Protestaktionen in Haft, sie demonstrierten gegen andauernde Kampfhandlungen. In Südafrika legten studentische Demonstrationen den Grundstein für landesweite Proteste, die darin mündeten, dass Jacob Zuma nicht mehr im Amt ist. Die Welt der Studierenden rührt sich immer noch.

 


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