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Frühstückslektüre | Mindestpreis für Alkohol - Ein Modell für Deutschland?

Verfasst von Marius Ochs am

Im Jahr 2016 gab es 1265 Alkoholleichen in Schottland. Nicht die vergleichsweise harmlosen, schlafenden Betrunkenen, wie man sie beispielsweise vom Kölner Karneval oder dem Münchner Oktoberfest kennt. Stichwort Kotzhügel. Nein, in Schottland handelt es sich um tatsächliche Todesfälle, die mit Alkoholkonsum in Verbindung stehen. Das bedeutete eine Steigerung von zehn Prozent zum Vorjahr. Im Vergleich dazu gab es 2016 in Schottland „nur“ 867 Tote durch andere Drogen. Eine Entwicklung, die die schottische Regierung zum Handeln zwang. Allerdings erwies sich die Scotch Whisky Association (SWA) vor Gericht als hartnäckiger Gegner, sodass sechs Jahre ins Land zogen bevor nun endlich eine Entscheidung in der Sache getroffen wurde. Anfang Mai wurde das Gesetz verabschiedet, das den weltweit ersten Mindestpreis für Alkohol möglich macht. Pro Alkoholeinheit – zehn Milliliter Alkohol – muss der Preis ab jetzt bei mindestens 57 Cent liegen.

So soll vor allem dem billigen Rausch mit hartem Alkohol vorgebeugt werden. Vorbei also die Zeiten, in denen man sich für unter zehn Euro mit zwei Flaschen Apfelkorn gemütlich in den Schlaf – bzw. das Koma – trinken konnte. Obwohl Korn wohl eher ein deutsches Ding ist. Apropos Deutschland: Hier sehen die absoluten Zahlen noch viel schlimmer aus. Schätzungen im „Jahrbuch Sucht 2018“ gehen davon aus, dass es jährlich knapp 74.000 Todesfälle gibt, die direkt mit übermäßigem Alkoholkonsum in Zusammenhang stehen. Herrscht also auch in Deutschland Handlungsbedarf?

Tatsächlich gibt es schon die ersten Stimmen, die eine Änderung des Gesetzes nach schottischem Vorbild fordern. Die Drogenbeauftragte der CSU, Marlene Mortler, plädiert stark für eine Erhöhung des Alkoholpreises. Sie argumentiert, dass billiger Alkohol ja nichts mit Genuss zu tun habe. Das „Saufen“ ist das Problem, dieser exzessive Konsum soll eingedämmt werden. Als Beispiel für den Erfolg von Preiserhöhungen führt sie die Alcopopsteuer an, durch die 2004 der Preis für Mixgetränke drastisch erhöht wurde. Tatsächlich gingen die Verkaufszahlen stark zurück. Ob das jetzt am Erfolg der Steuer liegt, oder ob Alcopops einfach ein kurzer Hype waren, sei mal dahingestellt.


Deutschland ist ein Land des Alkohols. Man muss sich nur mal die traditionellen Feierlichkeiten anschauen, die es so gibt. Ob Karneval, Oktoberfest, Schützenfest, Vatertag oder Maibaumstellen – getrunken wird immer. Zur Karikatur des typischen Deutschen gehört neben Kuckucksuhr und Lederhose immer auch das Bier. Trotz dieser öffentlichen Wahrnehmung ist der Alkoholkonsum seit vierzig Jahren rückläufig.  Das heißt aber nicht, dass die deutsche Haltung zu Alkohol ungefährlich ist alles immer besser wird. Mit 133,8 Litern alkoholhaltiger Getränke pro Kopf im Jahr liegen wir immer noch weit über dem Durchschnitt.

Tatsächlich gibt es sogar Statistiken, die belegen, dass gelegentlicher Alkoholkonsum sogar im Studium weiterhelfen kann. In Schweden wurden Studenten nach ihren Trinkgewohnheiten befragt, mit dem Ergebnis, dass gelegentlicher gemäßigter Alkoholkonsum zu einer besseren sozialen Integration unter Kommilitonen führt. Diese Studenten brachen auch wesentlich seltener ihr Studium ab.

Wie sollte man also mit dem Alkoholkonsum umgehen? Ist es sinnvoll, die Preise zu erhöhen, um den Alkoholkonsum im Land weiter einzuschränken? Brauchen wir mehr „Kenn-Dein-Limit“- Plakate, die zu verantwortungsvollem Trinken aufrufen? Oder sollte man sich wichtigere Problemen zuwenden, da die Entwicklung im Großen und Ganzen ja positiv ist?


Eine Spiegel-Umfrage zeigte in diesem Zusammenhang keine eindeutige Tendenz. 58 Prozent waren für ein Modell nach schottischem Vorbild, 42 dagegen. Es gibt noch keinen statistischen Beweis dafür, dass Preiserhöhungen den Konsum auch tatsächlich einschränken. Man wird Bier in Deutschland nicht zum Randprodukt machen können, dafür hängt eine zu große Tradition und eine noch viel größere Industrie dahinter. Was man tun kann - und auch sollte - ist ein Bewusstsein für verantwortungsvollen Alkoholkonsum schaffen. Der Vorschlag eines Grünen-Politikers aus Baden-Würtemmberg, Werbung für Alkohol einzudämmen und beispielsweise die kleinen Hart-Alk-Flaschen an der Kasse im Supermarkt abzuschaffen, setzt da vielleicht am richtigen Punkt an.


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