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Frühstückslektüre | Das Recht einer Karotte

Verfasst von Carolin Paas am

Die Welt ist schlecht, Massentierhaltung und Umweltverschmutzung setzen dem Planeten zu und langsam wird’s ungemütlich. Um dem entgegen zu wirken und was für's eigene Karma zu tun, hat man als Mensch mehrere Möglichkeiten. Naheliegend ist der Verzicht auf Fleisch: man wird Vegetarier, oder man verzichtet konsequent auf tierische Produkte und ernährt sich vegan. Mittlerweile sind diese Lebensstile auch in der Gesellschaft angekommen, zumindest kann man in einer Stadt wie Köln easy vegan essen gehen und auch die ethische Grundlage einer solchen Entscheidung leuchtet den meisten Leuten irgendwann ein. Das körperliche und seelische Leid der Tiere wird reduziert und die Umwelt gerettet, macht Sinn.

Der nächste Schritt

Es gibt jedoch Menschen, die diese Moral noch um einen Schritt ausweiten und Pflanzen das gleiche Recht auf Unversehrtheit einräumen wie Menschen und Tieren. "Frutarismus" nennt sich das Ganze und richtet sich nach dem Grundsatz, nur Produkte zu sich zu nehmen, die eine Pflanze nicht beschädigen und/oder "töten". Auf den Teller kommt also hauptsächlich Fallobst wie Äpfel oder Beeren, dazu Nüsse und Getreide (obwohl sich bereits hier die Meinungen teilen). Nicht erlaubt sind z. B. Wurzelgemüse und Pflanzen, die nur zum Zweck des Verzehrs gezüchtet wurden. Neben der Gefahr, durch den ausgedehnten Verzicht auf Lebensmittel an Mangelernährung zu leiden, kommen die offensichtliche Fragen: Muss das sein? Eine Karotte merkt schließlich nicht, dass sie gegessen wird, oder?



Sind Pflanzen etwa intelligent?

Allein diese Frage zu stellen klingt natürlich zunächst nach esoterischer Quacksalberei und wird von den meisten Botanikern und Neurologen auch als solche angesehen. Zwar können Pflanzen chemische Botenstoffe senden und auf ihre Umwelt reagieren; eine neurologische Vernetzung, die mit der von Tieren und Menschen vergleichbar ist, gibt es jedoch nicht. Trotzdem haben über die Jahre hinweg einige Wissenschaftler Studien zu diesem Thema durchgeführt. Ein bekanntes Beispiel hängt mit dem ehemaligen CIA-Polygraf Cleve Backster zusammen, der 1966 seine Zimmerpflanzen an einen Lügendetektor anschloss und zu dem Schluss kam, Pflanzen würden bewusst untereinander kommunizieren und seien zu Emotionen fähig. Bis heute sind seine Befunde jedoch umstritten, da kein Zweitversuch jemals die gleichen Ergebnisse erzielen konnte. Dafür gab es in der jüngeren Vergangenheit jedoch immer wieder Meldungen über die erstaunlichen Fähigkeiten verschiedener Gewächse. So befand ein Versuch der Universität Missouri-Columbia, dass sich bestimmte Pflanzen an Schallwellen orientieren und sich mittels giftiger Ausscheidungen gegen Schädlinge zur Wehr setzen können.

Das alles klingt zwar faszinierend, trotzdem wird davon ausgegangen, dass Pflanzen über kein Bewusstsein verfügen und eher roboterähnlich auf ihre Umwelt reagieren.

Die Würde der Kreatur

Eine Karotte hat also aller Wahrscheinlichkeit nach weder Angst noch Schmerzen und braucht somit auch keine eigenen Rechte. Hat sie aber, zumindest in der Schweiz, die seit 1992 die Würde der Kreatur in ihrer Verfassung berücksichtigt und seit 1999 die genetische Vielfalt von Pflanzen beinhaltet. Seitdem wird dort darüber diskutiert, inwiefern Gentechnik und Patentierung mit der Würde der Kreatur vereinbar sind. Die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie im Außerhumanbereich (EKAH) in der Schweiz hat hierzu bereits Stellung genommen und mehrheitlich weder Gentechnik, noch Patentierung als eine Einschränkung der Würde der Kreatur gewertet - zumindest solange ihre Fortpflanzung und Anpassungsfähigkeit gesichert sind.





Am Ende ist die Frage nach dem Recht von Pflanzen also vielleicht doch nicht so weit hergeholt und erst recht nicht einfach beantwortet. Denn würde Gentechnik einen Angriff auf die Würde der Pflanzen darstellen, sähe unsere Welt wohl ziemlich anders aus, allein der Großkonzern Monsanto, welcher mit seiner Patentierung verschiedener Maissorten eine Monopolstellung in der Weltwirtschaft einnimmt, wäre damit von der Bildfläche verschwunden. Damit wären wir dann in einer ganz anderen moralischen Zwickmühle, die Wissenschaft, Politik und Philosophie schon eine ganze Zeit lang zusetzt und immer noch keinen klaren Ausweg zu haben scheint.

Abschließend lässt sich wohl sagen, dass die Welt sehr kompliziert ist. Und dass Pflanzen zwar nicht denken können, aber dennoch ein lebenswichtiger Teil dieses Planeten sind und es tendenziell nicht schaden kann, sich ethisch und moralisch mit der Frage nach ihrer Bedeutung auseinanderzusetzen. Man muss es allerdings auch nicht übertreiben, also werde ich für meinen Teil wohl weiter Möhren futtern.




















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