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Frühstückslektüre | Warum Ja-Sager*innen gefährlicher leben...

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...und wie ich lernte auch mal ‘Nein’ zu sagen


"Kannst du noch...?" oder "würdest du bitte...?” - wer auf solche Fragen notorisch mit ‘Ja’ antwortet, hat ein Problem. Schon als Kind lernen wir, immer brav mit ‘Ja’ zu antworten. Aber bringt uns das wirklich weiter? Oder schaden wir damit nur uns und auch unseren Freunden?



Bereits als Kind werden wir dazu erzogen, auf die Aufforderung unserer Eltern nicht mit ‘Nein’ zu antworten. ‘Ja’ heißt das Zauberwort. Gehorsamkeit und Ausgeglichenheit haben stets oberste Priorität. Und auch jetzt, Jahre später, die Erziehung mehr oder weniger abgeschlossen, fällt es immer noch schwer ‘Nein’ zu sagen. Mir jedenfalls.

Wenn es darum geht, zusätzliche Aufgaben auf der Arbeit zu erledigen, sage ich ‘Ja’. Wenn ich eigentlich einen ruhigen Abend brauche, aber meine Freunde noch weggehen wollen, sage ich ‘Ja’. Selbst wenn manche Verkäufer*innen mir etwas andrehen wollen, sage ich zu oft ‘Ja’. Weil es einfacher ist ‘Ja’ zu sagen. Das Umfeld ist mit Ja-Sager*innen zufriedener, denn seien wir mal ehrlich, es ist doch auch irgendwie bequemer. Keine Enttäuschung und keine Ablehnung.


Kein Konflikt? Eher nicht.


Wir sagen Ja, um möglichen Konflikten aus dem Weg zu gehen und das, obwohl unser Bauch uns etwas ganz anderes sagt. Aber widerspricht sich das nicht irgendwie? Denn zum Konflikt kommt es dann doch erst recht. Und zwar in uns drin, der Kopf sagt ‘Ja’, aber der Bauch möchte ‘Nein’ sagen.



Als notorische Ja-Sagerin haben mich diese inneren Konflikte schon ziemlich häufig geplagt. Jedes Mal aufs Neue nehme ich mir vor, ehrlich zu antworten und öfters mal ‘Nein’ zu sagen: ‘Nein’ zu meinem Chef mit einer Extraaufgabe und damit ‘Ja’ zu einem ruhigen Feierabend, an dem ich endlich mal das Buch lesen kann, was schon seit geraumer Zeit auf meinem Nachttisch verweilt. ‘Nein’ zu meinen Freunden und damit ‘Ja’ zur Vorfreude auf das nächste Treffen, wo ich wieder mit neuer Energie die Zeit genießen kann. Das erste mal hat es sich noch komisch angefühlt. Ich habe versucht, mich mit unsicheren Erklärungen zu rechtfertigen. Aber mit jedem Mal fällt es mir leichter, denn ein einfaches, aber bestimmtes ‘Nein’ kann jeder verstehen

Ja-Sager*innen leben gefährlicher?!


Wer immer zu allem ‘Ja’ sagt, macht sich beliebt - so scheint zumindest die allgemeine Meinung zu sein. Auch ich habe lange nach diesem Mythos gelebt: Der soziale Status einer Ja-Sagerin leidet nicht und das eigene Verhalten stößt auf mehr Zustimmung. Aber in Wahrheit schaden Ja-Sager*innen sich und dem eigenen Umfeld mit der Zeit, denn die ewige Verfügbarkeit kann sich negativ auf die Gesundheit auswirken und verschlechtert manchmal sogar eher den eigenen Ruf.

Laut Entwicklungspsychologe Jürg Frick von der Pädagogischen Hochschule Zürich, kommen die Menschen, die nie etwas ablehnen, im Leben zu kurz.* Die eigenen Bedürfnisse werden ignoriert, nur um anderen zu gefallen und niemanden vor den Kopf zu stoßen. Und das kann krank machen, denn durch die ständige Überlastung ist ein Burnout nicht weit entfernt. Auch der Ruf der notorischen Ja-Sager*innen kann auf Dauer leiden, wenn die Hilfsbereitschaft von anderen ausgenutzt und nicht mehr geschätzt wird. Die Menschen halten sie um sich, nicht aus Freundschaft, sondern einfach weil es praktischer ist.


Einfach mal ‘Nein’ sagen


Also, lasst uns doch einfach öfters mal ehrlich antworten und ‘Nein’ sagen, wenn uns danach ist. So können wir neue Energie schöpfen und auf unsere Freunde oder unseren Chef wirken wir viel authentischer und selbstbestimmter. Und seien wir mal ehrlich, keiner nimmt es einer anderen Person wirklich übel, wenn die auch mal etwas ablehnt - ist mir jedenfalls bisher noch nie passiert. Unser Umfeld kann unsere Grenzen besser einschätzen und wir helfen dazu noch unserer Selbstachtung und der eigenen Gesundheit. Klingt doch nach einer Win-Win-Situation!

*Jürgen Frick Wer sich nie widersetzt kommt im Leben zu kurz 

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