Leitung: Katrin Steinhausen und Joshua Gerhard

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Glühbirne | Festivalliebe.

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(CC-0) mikewallimages / pixabay.com

Guten Morgen, lieber Morgen.


Die ersten Töne der Musik schleichen sich in dein Ohr und der Bass, der vom Festivalgelände seinen Weg durch den Boden bis zu dir findet, lässt deinen Körper beben. Du fängst die ersten Lichtstrahlen ein und blinzelst. Erst bewegst du deine Füße, dann deinen Kopf. Dein Zelt leuchtet und du erkennst Wassertropfen, die langsam die Zeltwand hinunter fließen. Dein Schlafsack kommt dir plötzlich viel zu eng und zu warm vor. Also befreist du dich daraus, schnappst dir deinen dicken Pulli und das Geräusch des Reißverschlusses lässt dich lächeln. Jetzt erst nimmst du die ersten Gerüche bewusst wahr- wie den beißenden und doch angenehmen, rauchigen Duft des Grills und sofort bemerkst du wie groß dein Hunger ist. Dein Magen knurrt. Schnell kramst du dein Frühstück, bestehend aus Drink, Müsli und getrockneten Früchten, zusammen und lugst das erste Mal aus dem Vorzelt hinaus auf den Campingplatz.
Es ist wie ein Traum.
Die Natur entfaltet sich in ihrer vollen Blüte in deiner Nase, die Luft streichelt deine Seele mit ihrer frischen Brise. Du ziehst dir deine Stiefel an und setzt dich zu den anderen in den Kreis. Die Nachbarn grillen bereits. Kaffee ist schon fertig, alle sind noch etwas verschlafen.

Gute Vorbereitung verspricht einen guten Tag.


Als hätte ein Weckdienst sein Unwesen getrieben, kommt nach und nach Leben ins Spiel. Der Boden vibriert und macht deutlich, dass die Proben inklusive Schlagzeug gerade zu Ende gehen. Im nächsten Moment ertönt ein Gitarrenriff. Alle werden geschäftig, putzen sich die Zähne, ziehen sich um, gehen duschen oder auf Toilette. Du bist gerade mit deinem Kulturbeutel auf dem Weg zum Wasserstand, da triffst du auf die Gruppe von gestern, mit denen du unglaublich viel erlebt hast. Ihr tauscht Nummern aus und erklärt euch jeweils den Weg zum Camp, danach geht ihr wieder getrennte Wege, doch vermutlich jeder mit einem Lächeln im Gesicht.
Als du zum Camp zurück kommst herrscht dort reger Betrieb. Jeder fragt jeden um Hilfe. Hier sucht jemand, da findet jemand. Außerdem stehen drei Leute in der Mitte des Camps und basteln gerade Trinkhalter aus – wie soll es anders sein- Tape. Tape der gute alte Freund aller Festivalgänger! Du holst dir aus deinem Zelt ein Tetrapack und bastelst dir ebenfalls eine Trinkvorrichtung. Die Gespräche gehen nur noch darum, wer wann zu welcher Band will. Du schließt dich für die nächsten 4 Stunden zwei Freundinnen an, die dieselben Bands sehen wollen, danach verabredest du dich mit mehreren Leuten, um auf dem Mittelaltermarkt ein bisschen zu pausieren. Denn abends geht es richtig los- ganze 6 Stunden musst du dann aushalten.
Aber es lohnt sich jedes Mal.


Ausnahmezustand.


Der Himmel zeigt sich blutrot. Die Sonne geht unter. Du bist nassgeschwitzt, neben dir steht ein Typ, groß wie ein Baum, und japst nach Luft. 45 Minuten einen Moshpit mitzumachen muss man auch erst mal schaffen, denkst du dir. Danach gehst du zu ihm hin und gibst ihm deinen letzten Schluck Wasser. Er grinst dich an, sagt auch danke, fügt aber hinzu, dass Bier ihm jetzt besser schmecken würde. Da dreht er sich um, ruft seine Freunde und einer von diesen bringt ihm sein Bier. Ein ganzer Krug mit 1 L Bier ist innerhalb kürzester Zeit weg, als würde sein Leben davon abhängen. Da zieht er sein Oberteil und seine Hose aus, du schaust verwirrt hinter dich, in die Richtung in der seine Augen zuletzt ruhten, und stellst fest: es ist wohl wieder Rutschparty-Zeit. Der Boden hat sich durch die Nässe und die etlichen Füße über den Tag in ein Schlamm-Loch verwandelt. Manche rutschen sogar komplett nackt. Unter normalen Umständen wärst du eventuell schockiert, manche vielleicht sogar angewidert, doch hier, an diesem Ort, mit all seiner Schönheit, seinem Dreck und seiner Gastfreundschaft und Leidenschaft, bringt es dir irgendwie Freude. Obwohl du trotzdem froh bist, dass der Typ von gerade sich nicht komplett vor dir entblößt hat. Die Leute drum herum beobachten, lachen, viele lassen sich anstecken- so muss pure Freude wohl aussehen.

Urlaub für die Seele.


Am Himmel ist nur noch ein rosa Streifen zu erkennen, der Rest ist pechschwarz. Die Bühne lässt ein Spektakel erwarten, wie du es nur selten gesehen hast. Plötzlich flammt das Logo des Festivals auf, du spürst die Hitze an deinem Kopf, obwohl es weit oben über den Bühnen ragt. Eine Gänsehaut macht sich auf deinem Körper breit, die Menge fängt an den Bandnamen zu schreien. Die Gänsehaut besiedelt nun deinen gesamten Körper. Voller Vorfreude steigst du mit ein. Dann. Ein dumpfer Schlag. Noch einer. Das Schlagzeug fängt die Stimmen ab, die Menge brüllt und grölt. Der Vorhang fällt und die Musik setzt ein. Deine Augen leuchten, es fühlt sich an, als würde deine Seele sich in deinem Körper ausbreiten. Du verspürst eine Energie, die dich fliegen lassen könnte. Es ist das Gefühl von Glück, da bist du dir sicher. Dabei ist es egal, wie eng es zeitweise wird. Und auch wie laut es teilweise ist. Dieses Gefühl ist das pure Glück.
Auf dem Weg zum Camp, zu deinem Zelt und Schlafsack, fühlst du Erschöpfung. Du hast 4 Tage erlebt, die du nie wieder vergessen wirst. Beim Zelt angekommen wird erst einmal der Grill ausgepackt. Alle sitzen in einem Kreis. Alle sind einfach nur glücklich. Und du weißt, wenn du gleich in deinen Schlafsack fällst und es morgen nach Hause geht, wird es für deine Seele wie Urlaub sein.

Denn es fühlt sich an, als hätte sich die Sonne in dir ausgebreitet.

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