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Frühstückslektüre | Drei Schwestern, vier Brüder

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Ja, ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen. Nein, wir sind nicht asozial.  Ja, wir waren alle geplant.  Ja, an Weihnachten ist immer viel los. So kenne ich es, so mag ich es. Was für mich und meine sechs Geschwister schon immer Normalität war, überfordert so manch Anderen.


Das Weihnachtsfest


Wir feiern immer zusammen mit der Familie meiner Tante mütterlicherseits, meine Cousinen und mein Cousin sind für mich wie Geschwister.  Mit vier Kindern gelten sie auch als Großfamilie. Ich war übrigens immer die Kleinste von allen, bis endlich der langersehnte Nachwuchs kam und die Familie noch größer wurde.

Wir treffen aufeinander, alle begrüßen sich, Partner*innen sind auch dabei. Da wird es schonmal voll, wenn alle dabei ist sind wir 24 (im Mai dann 25). Langsam trudeln alle ein, so ganz pünktlich geht es nie los. Dann kommen die gewohnten Fragen von der älteren Generation: „Wie läuft das Studium?“, „Und, weißt du schon, was du danach machen willst? Noch nicht, hmm, okay…“, „Wie ist es so in Köln?“. Irgendwann kommen wir dann zu dem Punkt, dass wir uns alte Videos aus den 80ern und 90ern angucken. Vorweg: Die Kindermode damals war   d e r   Shit.



Und dann sehen wir die uralten Videokassetten. Vier Erwachsene mit bis zu elf (!!!) Kindern im Alter von 1-18. Dann auch noch auf die Ausflüge: im Disneyland Paris, in Spanien, an der Nordsee, im Phantasialand, im Kettlerhof. Eis, Flecken, Geschrei, Geheule, Gekreische, blaue Flecken, lautes Lachen, große Kinderaugen. Eine riesige Rasselbande, in der die Älteren die Jüngeren ärgern, als wäre es ein Naturgesetz. In einer Szene bekommt meine Schwester die ganze Zeit Blutgrätschen von einem meiner Brüder. Mein Vater filmt das natürlich gekonnt, sein einziger Eingriff ist: „Simon, lass mal…“. Simon macht weiter ¯\_(ツ)_/¯. Ich glaube, bei so vielen Kindern braucht man nun mal eine gewisse Gelassenheit. Es gibt aber auch unheimlich viele Videos von anderen Events, z.B. von unzähligen Kindergeburtstagen. 

Meine Mutter hat von sieben Kindern je 18 Geburtstage veranstaltet, also 126!!!

Oder zwischendurch einfach mal Szenen, in denen meine Brüder sich gegenseitig Streiche spielen… ups. Es ist echt lustig zu sehen, wie alle irgendwie damals schon ein bisschen so waren wie wir heute noch sind. 

Das gemeinsame Essen


Das ist anscheinend laut und anstrengend, das sagen zumindest häufig neue Partner*innen. Nehmen wir mal dessen Perspektive ein, und das heißt Chaos.:  "Wieso ist der eine jetzt eingeschnappt? Was schreit die denn da rum? Oh nein, hoffentlich reden die jetzt nicht wirklich über Politik... Oh Gott, kann man das so stehen lassen?".

Es wird hier und da hitzig diskutiert und dabei bleiben wenige von uns leise. Um sich durchzusetzen muss man laut und fordernd sein, sonst geht man schnell unter. Das muss man früh lernen. Jeder geht natürlich anders damit um, findet aber seinen oder ihren Platz. So ganz harmonisch ist das nicht immer, was soll man auch bei so vielen verschiedenen Charakteren erwarten. Ich glaube, dass wir als Geschwister nicht aufhören werden uns gegenseitig zu ärgern. Das gehört einfach dazu! 


via GIPHY

Eine große Gruppe braucht eine Person, die bestimmt: eine*n Anführer*in. Ohne jemanden, der die Richtung angibt, sind alle lost. Nun ja, haben wir so jemanden?

Nein. Man könnte meinen, dass einer der Eltern diese Rolle übernimmt, das bleibt aber aus (sind beide viel zu lieb). 

Also trotteln wir irgendwo herum, meistens mit Fahrrädern unterm Gesäß, häufig ein bisschen planlos. Das Geschehen wird weniger dadurch bestimmt, dass wir als Gruppe eine Richtung hätten, sondern eher, dass irgendjemand ein Bedürfnis hat. „Leute, Simon will eben auf Toilette gehen! Alle einmal warten!“, oder „Also Jonas will was essen, wie sieht das bei den anderen aus?“. Schon einen Kilometer weiter steht David, der nur die Augen rollt und ausharren muss. Ganz sooo effektiv ist das nicht, ankommen tun wir trotzdem immer. Am Ende des Tages gibt’s wieder Essen, und die „Zankerei“ - wie meine Mutter sagen würde - geht wieder von vorne los. 

Großfamilie: Vorteil oder Nachteil?


Klar, das klingt jetzt alles ein bisschen stressig und unruhig.. aber meine Großfamilie hat mir so viel vereinfacht! Social skills? Kein Problem. Empathie? Come at me. Diskussionen? Immer dabei. Außerdem muss ich auch oft genug doofe Sprüche wegstecken (sind halt alles Opfer). 

Frühstückslektüre

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