Frühstückslektüre | Wozu eigentlich vegan?- Eine andere Sichtweise
Verfasst von Annika Gollnik am
Die USA könnte mit einer Umstellung auf rein pflanzlich basierte Ernährung 350 Millionen Menschen mehr ernähren! Große Neuigkeiten, die auch der Spiegel berichtete.
"Concurrently replacing all animal-based items in the US diet with plant-based alternatives will add enough food to feed, in full, 350 million additional people, well above the expected benefits of eliminating all supply chain food waste."
heißt es in der Offiziellen Studie von Alon Shepon, Gidon Eshel, Elad Noor und Ron Milo.
Obwohl Veganismus in den meisten Fachkreisen (wie zum Beispiel in Medizin und Ernährungswissenschaften) immer mehr an Zuspruch gewinnt und vielerlei positive Studien und Meinungen aufkommen, scheint Veganismus den meisten immernoch ein Dorn im Auge. Die wohl beliebtesten Argumente, sich nicht vegan zu ernähren: "Das wäre nichts für mich" oder auch "ich wüsste gar nicht wie das gehen soll!" und "Tiere sind zum Essen da, so ist die Natur". Nun frage ich mich: ist vegan wirklich etwas für mich? Und wieso fällt es mir so leicht? Wozu überhaupt vegan ernähren?
Wieso ich vegan geworden bin. Die Anfänge.
September 2013.
Ich werde erschlagen. Videos aus Schlachthäusern überhäufen sich. Und
ganz viel Blut scheint aus meinem Laptopbildschirm auf mich
einzuprasseln.
Erschrocken
drücke ich die Bilder weg. Verschwinden sollen sie in den Tiefen meines
Gedächtnisses. Doch etwas hält mich davon ab das Gesehene zu vergessen: Neugier
und die Wahrheit wissen zu wollen. Ich vertraue den Bildern nicht, zweifele sie
sogar an. Also fange ich an weiter zu recherchieren. Immer mehr grausame
Neuigkeiten sammeln sich in meinem Kopf. Wie zum Beispiel Informationen rund um
Betäubungsarten, verschiedenen
Tötungsmaßnahmen (die in Deutschland erlaubt sind) wie Bolzenschuss,
Vergasung, Genickbruch oder Betäubungsschlag. Und mir selbst geht es immer
schlechter.
Nach Tagen des Kopfzerbrechens und Recherchierens wird mir klar:
das will ich nicht. Nicht für mich und nicht für die Tiere- egal welcher Art.
Denn eines drängt sich mir auf: ich sage ich liebe Tiere und lasse zu, dass sie
stundenlange Transportwege, kaum
Platz zum Bewegen, selten frische Luft und kein artgerechtes Leben führen
können.
In Einem bin ich mir selbst sicher: egal aus welcher Haltung ich Tiere und
ihre Nebenprodukte konsumiere, ein artgerechtes Leben wird es nicht geben
können. Denn es ist und bleibt eine Haltung, vom Menschen geschaffen, die der
Freiheit niemals gleichkommen wird. Nachdem ich wochenlang in der Tierethik
weiterlese bleibe ich bei meinem Entschluss tierische Produkte nicht mehr zu
konsumieren.
Dies
war mein moralischer Entschluss.
Die nächste Hürde bürdet sich vor mir auf wie ein gewaltiger Berg.
Was kann ich noch essen?
Mich überkommt Panik. Im Internet finden sich viele sogenannte
selbsternannte "ErnährungsberaterInnen" und fast alle halten sich für
die, die die beste Ernährungsvariante aufzeigen. Mir ist das alles zu viel.
Plötzlich entdecke ich Tabellen
und Graphiken,
die mir alles erleichtern.
Diese Tabellen und Graphiken als auch selbst erstellte
Einkaufslisten machen heute noch mein Leben einfacher.
Als hätte man alles auf Reset gesetzt und müsste sein Basiswissen erweitern. Das alles geht schneller als man vermutet. Und essen kann man tatsächlich ganz schön viel: nämlich alles, was nicht-tierischer Herkunft, also pflanzlich, ist. Und das wiederum ist deutlich mehr, als was tierisch ist! Den meisten scheint es jedoch nicht bewusst zu sein. Weshalb das so ist erklärt der sogenannte Karnismus, den erstmals Melanie Joy benannte.
Karnismus ist ein unsichtbares System aus Überzeugungen, das uns von Kind auf dazu konditioniert, (bestimmte) Tiere zu essen. Karnismus ist dabei einerseits eine dominante Ideologie, die – unsichtbar und tief in unserer Gesellschaft verwurzelt – unsere Überzeugungen, Handlungen, Gedanken, Normen, Gesetze, etc. formt. Andererseits ist es natürlich auch eine gewaltvolle Ideologie: Fleisch kann nicht ohne Töten hergestellt werden. Dominante und gewaltvolle Ideologien benutzen eine Kombination aus sozialen und psychologischen Verteidigungsmechanismen, die Menschen dazu veranlassen, an inhumanen Praktiken teilzuhaben, ohne vollständig zu realisieren, was sie tun. In anderen Worten: Karnismus lehrt uns, in bestimmten Situationen unser Mitgefühl auszuschalten, was wohl auch der Grund ist, warum Diskussionen zwischen vegetarisch/vegan lebenden Menschen und Karnist_innen oft aneinander vorbeilaufen sowie zu Frustrationen oder Streit führen. Um diese Situation zu verbessern, müssen wir also verstehen, um was für Verteidigungsmechanismen es sich handelt.
Es ist außerdem wichtig
zu erwähnen, dass die Supplemente, die eingenommen werden (sollten), nicht nur
für VeganerInnen wichtig sind. Aufgrund des Lichtmangels in Deutschland und der
sinkenden Bio-Diversität
sind B12-,Omega-3- und
D-Vitamin-Konzentrate für jeden ratsam.
Kommen wir zu einem weiteren Aspekt meines Entschlusses vegan zu werden und tatsächlich auch zu bleiben: der Gesundheit.
Es mag umstritten sein wie gesund Veganismus ist. Aber seien wir mal alle ehrlich zueinander: es wird wohl immer gesünder sein viel frisches Obst und Gemüse zu sich zu nehmen. Oder? Ich denke mir halt: meine Ernährung ist das Wichtigste, neben Wasser, was mein Körper braucht. Lieber mehr Zeit mit Kopfzerbrechen über das Essen verbringen, als wahllos zu konsumieren. So erkläre ich mir jeden Falls wieso ich noch vegan lebe. Es hält mich fit, ich ernähre mich bewusster und probiere viel mehr aus als früher. Mir half bei dieser Entscheidung das Buch „the China Study“ sehr.
Was ich damit ausdrücken möchte ist eigentlich einfach: unser Körper braucht die Nährstoffe aus der Nahrung zwar, augenscheinlich nimmt der Mensch sie aber nur noch zu sich, weil er weiß, dass er das muss. Aber wirklich im Klaren über seinen Körper und der Ernährung und wie das alles funktioniert scheint er nicht zu sein. Es kann durchaus sein, dass ich mich täusche. Dennoch kann ich nur von mir selbst sprechen: vor der Ernährungsumstellung war mir nicht bewusst wie wenig Obst, Gemüse, Saaten und Wurzeln ich überhaupt kenne.Tiere essen Tiere nun mal. So ist die Natur.
Wieso gehe ich nicht zurück und esse wieder Fleisch? Es ist doch völlig „normal“? Egal, wie ich es drehe und wende. Mir fällt es schwer, zu wissen, dass ich damit Leid verursache, das ich verhindern kann. Ich brauche tierische Nahrung nicht für meine Gesundheit und nicht für mein Überleben. Ich möchte ehrlich zu mir selbst sein: wieso weiterhin Leid verursachen, wenn es gar nicht nötig ist, um gesund und fit zu bleiben? Wieso töten oder töten lassen, wenn es überflüssig ist?
Zu guter Letzt: Wieso in Zukunft vegan bleiben?
Leider ist Fleischkonsum bzw. das Konsumieren von Tierprodukten etwas, das
unseren Planeten auf viele verschiedene Weisen zerstört.
Angefangen bei der Fütterung der Massen an Tieren, die wir Halten und
Importieren. Für die Tiere selbst und für deren Futter geht
viel Land verloren. , statt dieses Land für den Anbau von direkter Nahrung
zu nutzen. Hinzu kommt, dass die Tiere Kraftfutter benötigen, denn durch die
sinkende Bio-Diversität einfache Nahrfehlt
es an Nährstoffen, da der Boden zunehmend zerstört wird. Dem Tierfutter werden deshalb
Supplemente beigemischt, damit die Tiere und somit der Mensch
weiterhin die wichtigen Nährstoffe erhalten. In einem Land wie Deutschland
fehlt es an Platz- also müssen Länder wie Südafrika (Acker-)Land für Soja- und
Getreideanbau hergeben. Anstatt
es selbst essen zu können wird es nach Deutschland verfrachtet- für die Tiere.
Abgesehen davon mangelt es in vielen Ländern an Trinkwasser- wir
verschwenden Wasser in Massen für die Tierhaltung.
Für mich alles Gründe weiterhin vegan
zu bleiben.
Als ich diesen Artikel hier geschrieben habe und mir die Informationen von
damals und noch mehr als diese durchgelesen habe fühlte ich mich noch mehr dazu
angehalten. Meiner Meinung nach muss man nicht aus moralischen Gründen den
Tieren gegenüber seine Ernährung überdenken- außerdem muss man überhaupt nichts
(außer so pünktlich wie
es geht seine Steuer abschicken!). Es ist trotzdem gut sich seiner
Ernährung und deren Auswirkungen bewusst zu sein und dementsprechend zu handeln.
Denn der Kreislauf der (Massen-)tierhaltung schließt sich
und kehrt zu
einem zurück.