Arm aber sexy
Verfasst von Julia Beverung am
An der Ecke war
früher das gammelige Büdchen. Jetzt ist da ein hippes Café, das
Bananenbrot und Avocado-Wraps verkauft. Die Hausfassade, die in
mühevoller Arbeit von oben bis unten mit Grafitti besprüht wurde,
ist jetzt blitzblank und passt zum stylischen Startup nebenan.
Eigentlich kann ja niemand etwas dabei haben, wenn das Veedel ein bisschen aufgehübscht wird. Aber überall wo etwas Neues kommt, muss sich etwas Altes verabschieden. Oft müssen alternative Projekte oder Anwohner dem neuen Bürokomplex weichen und bleiben dann auf der Strecke.
Der ganze Prozess nennt sich Gentrifizierung und Köln ist ein perfektes Beispiel dafür. Zwischen Rhein und Universität soll ein komplett neuer Stadtteil enstehen. Die “Parkstadt Süd” soll mehrere 1000 Wohnungen mit Büros, Gewerbe- und Grünflächen umfassen. Hört sich gut an? Nicht für das Autonome Zentrum an der Luxemburger Straße. Das AZ organisiert unkommerziell Konzerte, Workshops und Kunstprojekte. Aber in die neue Stadtplanung scheint das Konzept nicht mehr zu passen und soll deswegen abgerissen werden. Unter dem Hashtag #Azbleibt werden Demos organisiert um sich gegen die Verdrängung zu wehren.
Dem Bauwagenplatz “Wem gehört die Welt” droht ein ähnliches Schicksal. Der Grund ist auch hier die Erschließung von neuem Wohnraum. Ironischerweise wohnen hier seit über 20 Jahren etwa 35 ständige Bewohner. Hier findet man bunte und außergwöhnliche Menschen. Für viele gehören diese Orte genauso zu Köln wie der Dom. Und ganz ehrlich, wer will das schon gegen noch ein neues Bürogebäude tauschen?
Jeder Student oder
Geringverdiener weiß, was für ein Krampf die Suche nach einer
bezahlbaren Wohnung ist. Irgendwann gibt man sich entweder mit einem
düsteren Kellerzimmer für 500 Euro zufrieden, oder man zieht an den
Stadtrand. Auch das ist Gentrifizierung. Natürlich muss dagegen
gewirkt werden. Aber ab wann? Was ist notwendige Veränderung und
wann geht die soziale Mischung verloren?