Leitung: Katrin Steinhausen und Joshua Gerhard

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„Mansplaining“ bei #sundb Episode 6

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Die zweite Staffel von Schulz & Böhmermann ist angelaufen. 10 neue Folgen werden produziert und monatlich auf ZDFneo ausgestrahlt. Wie die erste Folge war? Es wurde hitzig diskutiert!

obs/ZDFneo/ZDF/Philippe Fromage

Vorab ein Hinweis: Höchstwahrscheinlich werden die nachfolgenden Zeilen genauso konfus und schwer nachvollziehbar, wie die Sendung selbst es stellenweise war. Sicher versteht man Teile meiner Ausführungen auch erst, wenn man die Sendung gesehen hat. Dann werdet ihr auch nicht gespoilert ;-)

An einem Tag, an dem auf diversen Social-Media-Plattformen darüber philosophiert wird, ob Emma Watson Feministin ist oder nicht (sie hat sich kürzlich halbnackt für die Vanity Fair ablichten lassen), nehmen sich „Olli und Janni“ in ihrer Tallkshow vor, über Sexismus zu sprechen.

Ob das Thema gezielt angestrebt wurde oder es sich durch die Zusagen einzelner Gäste ergab, wissen wir nicht. Am runden Tisch mit Olli Schulz und Jan Böhmermann saßen Laura Himmerlreich, Rolf Pohl, Schorsch Kamerun und Ben Tewaag.

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Ben Tewaag hat sich das Thema jedenfalls mit Sicherheit eher nicht ausgesucht. Von Anfang an hab ich mich gefragt, wozu er da sitzt. Ein abgewrackter, versoffener, bemitleidenswerter Typ, den man definitiv hätte besser behandeln sollen, wenn man den Grundsatz beherzigt, nicht auf Leute einzutreten, die eh schon am Boden liegen. Angefangen wird die Sendung durch das Verlesen von Negativ-Überschriften aus der Boulevardpresse über den Sohn von Uschi Glas und Promi Big Brother-Gewinner. Relativ schnell schließt Olli die Frage an, ob es Ben nicht nerve, ständig auf diese Schlagzeilen reduziert zu werden. Darauf antwortet Ben, dass er ja deshalb bei Schulz & Böhmermann sei, weil er dort hoffentlich nicht bloß auf seine Vergangenheit reduziert werde, die durch die Presse angeblich auch falsch dargestellt sei. Aber leider wird genau das fast permanent getan und man reitet immer wieder darauf rum.

#Fremdschämen!!!
Das Ben-Bashing war stellenweise kaum auszuhalten. Ben Tewaag hat intellektuell einfach wirklich nur sehr begrenzte Mittel und glaubt, dass er kein Sexist sei, weil seine Frauen nicht in der Küche bleiben müssten und er zudem erfolgreiche Frauen attraktiv finde. „Ich bin auf gar keinen Fall n Sexist“, beteuert er außerdem an einer Stelle. Wenn man also so jemanden wie ihn in die Debatte einbezieht (sollte man wahrscheinlich, denn er repräsentiert ja ein ganze Menge "so" denkender Menschen), dann muss man ihm auch erklären, warum seine Haltung problematisch ist und ihn nicht die ganze Zeit lächerlich machen. Auch fast peinlich ist, dass Olli sich so von Ben beleidigt fühlt, der ihm vor der Sendung vorwarf, verweichlicht und unattraktiv für Frauen zu sein, weil er sich so gut mit Äpfeln und Birnen auskennt, oder so. Ernsthaft? Was soll man dazu sagen? Ben war einfach fehl am Platz und jedes Mal, wenn die Moderatoren auf ihn eingegangen sind (meist provokant), konnte man nur den Kopf schütteln. Das will man nicht sehen bei Schulz & Böhmermann! Das habt ihr nicht nötig!

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Als Gegenpol zu Tewaag könnte man „Punklegende“ Schorsch Kamerun (Die Goldenen Zitronen) bezeichnen. Ein Pessimist vor dem Herren, der alles auf die Goldwaage legt, sehr kleinlich wirkt und aus allen Poren „politische Korrektheit“ verströmt. Who made HIM king of moral philosophy??? UND er hat das Konzept der Sendung nicht verstanden! Kaum merkt Böhmermann an, dass die Sendung ein strukturelles Problem hat, weil nur eine Frau in der Runde sitzt, kommt direkt der Vorwurf von Kamerun, dass die Talkrunde damit ja schon gescheitert sei. Mimimimimimi… Es ist natürlich schwierig, ohne Frauen (eine war ja da) über Gleichberechtigung zu sprechen. Aber unmöglich ist es auch nicht! Gott sei Dank gibt es ja noch Sibylle Berg, die Kamerun in ihrem Vorstellungseinspieler im Prinzip ein bisschen als "Gutmenschen" entlarvt. Er selbst hat nämlich als Musiker, Autor und Theaterregisseur auch nie über die bedeutenden Frauen in der Geschichte gearbeitet, sondern nur über „Gliedträger“.  Jajajajajaja. Große Reden schwingen, aber selbst keine Frauen in seiner Band spielen lassen…. Erwischt! Kamerun bedient sich darauf der Ausrede, dass genau da ja auch das Problem liege. Er befinde sich in einer Männerwelt und Texte über Feminismus gingen meist in die Hose. WTF!!!!!!!!!! Das kann er doch selbst ändern, wenn er angeblich ein so toller Idealist ist! Engagier Frauen und sprich nicht bloß über Ungerechtigkeit! Insgesamt muss man Kamerun also als jammernde, beleidigte Leberwurst erleben, die zwischendurch den Spruch bringt: „Ich verstehe den Spaß, aber der lenkt ab“. Lol!

Zu Prof. Dr. Rolf Pohl (Soziologe) ist nicht viel zu sagen. Nur, dass er die Runde durch Fachwissen, Kompetenz und eine angemessene Haltung sehr bereichert hat. Das hat auch Laura Himmelreich ihm immer wieder attestiert. Wie unnötig! Nur, weil Frau Pohl die einzige Frau in der Runde ist, muss sie sich nicht direkt als Sexismus-Polizei verstehen und bewerten, was andere zum Thema sagen. Das ist ja eh so ein Irrtum! Sexismus geht uns alle an. Egal welches Geschlecht! Gleichberechtigung heißt nicht, dass Frauen sagen, was ok ist, oder nicht, sondern dass man erst gar nicht in Schubladen wie „Frau“ und „Mann“ denkt und alle sexuellen Orientierungen und jeden aus der LGBTQ-Community mit einbezieht und sich NICHT anmaßt, ihn/sie/es zu bewerten! Jeder sollte gleiche Rechte haben, gleich viel wert sein und gleich viel Gehör in der Gesellschaft finden!

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Es könnte alles so einfach sein. Aber Laura Himmelreich kommt immer wieder zu dem Schluss: „Es gibt keine einfache Lösung für Sexismus“. Himmelreich wurde bekannt als Journalistin, die unangemessen vom damaligen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle angesprochen wurde und dadurch vor 4 Jahren eine heftige Sexismus-Debatte in Deutschland auslöste. #Aufschrei. Seitdem hat sich aber leider nicht viel getan. Fairerweise muss man aber sagen, dass sich die Journalistin nicht schlecht geschlagen hat. Sie ist immerhin so souverän aufgetreten, dass ich direkt „VICE Deutschland“ bei Facebook geliked habe. Ok, ich gebe zu. Auch der Hinweis von Olli Schulz darauf, dass es aktuell eine Umfrage auf vice.com zum Thema „Wie pervers bist du wirklich im Bett“ gibt oder dass bei VICE angeblich häufig thematisiert wird, wie gut Analverkehr auf Drogen sei, haben mich zum Liken veranlasst ;-) Als Olli Schulz Himmelreich fragt, ob sie genervt sei, dass sie sich ständig den Vorwurf anhören muss, sie habe einerseits den #Aufschrei über die Sexismus-Debatte hervorgebracht und andererseits arbeite sie für ein Magazin, dass sich ständig mit hippen Sex-Themen beschäftigt, entgegnet sie, dass die meisten Menschen eigentlich den Unterschied zwischen Sexismus und Sex kennen. Es sei total ok über Sex zu sprechen und das habe nichts mit Sexismus zu tun. Wie Recht sie hat!

Soviel zu den Gästen.

Aber auch die Gastgeber Jan und Olli dürfen nicht unerwähnt bleiben.


Jan Böhmermann wirkte diesmal etwas moderater als sonst. Er hat leider erst zu spät die wirklich wichtigen Fragen seiner ganz persönlichen Lebenswirklichkeit angesprochen. Er habe das Gefühl, Beziehungen auf Augenhöhe zwischen Männern und Frauen seien so bis Ende 20 möglich und dann kommt in einer Partnerschaft vielleicht das erste Kind und es wird schwierig. Wie kann man also nun in der Praxis eine gleichberechtigte Beziehung führen mit Kindern und beruflichem Alltag als modernder Mann/moderne Frau?  Die Frage richtet Böhmermann an den Soziologen Pohl. Der spekuliert ein bisschen darüber und weiß, wie es statistisch gerade aussieht. Mehr aber nicht. Ein bisschen schwach, wie ich finde. DAS war der eigentliche Moment, in dem ich mir gewünscht habe, dass Schulz & Böhmermann mehr Frauen eingeladen hätten. In dem Fall idealerweise eine Mutter, die Karriere macht. Diese hätte die Frage sicher viel besser beantworten können.

Die größte Sympathie für Böhmermann habe ich übrigens empfunden, als Himmelreich das Problem aufführt, dass Frauen häufig noch immer weniger verdienen als Männer und in einer hetero-Partnerschaft, in der das erste Kind unterwegs ist, deshalb oft entschieden wird, der Job der Frau sei nicht soooo wichtig, denn er bringe nicht so viel Geld ein. Darauf Böhmermann: „Das hab ich wirklich noch nie gedacht“. Und Himmelreich nur stumpf: „Weil ihr wahrscheinlich genug Geld habt“. In dem Moment wird Böhmermann klar: So ist es! Er gesteht sich selbst ein, dass das ein Dilemma ist und er nicht weit genug gedacht hat. Sehr sympathisch Böhmi ;-)

© Oliver Rath

Olli Schulz war diesmal sehr on fire. Er war (wie schon erwähnt) schon vor der Show angepisst von Ben Tewaag, nahm Dinge persönlich oder fühlte sich angegriffen. Und als er Dr. Pohl fragt, ob dieser über einen guten Pimmelwitz lachen könne, kam es zu einer kleinen Eskalation. Kamerun war nämlich sichtbar genervt von Ollis Pimmelvokabular und es kommt die Frage auf: Gehört der Pimmelwitz in so eine Debatte? Darf so eine Debatte locker sein? Olli Schulz meint: JA! Es sei albern, sich immer wenn‘s drauf ankäme, auf Ernsthaftigkeit zu berufen, wo es eigentlich einfacher wäre, sich ab und zu durch Lockerheit und Leichtigkeit einem Thema anzunähern. Kamerun aber spricht Schulz ab, dass dieser den Diskurs auflockere. Er wirft ihm Populismus vor. Das lässt Schulz nicht auf sich sitzen und er motzt weiter rum. Er plädiert also ziemlich unlocker für mehr Lockerheit in der Debatte, wie es auch Anja Rützel im Spiegel über die Sendung geschrieben hat.

So geht es hin und her, bis Laura Himmelreich dann endlich fordert, einen Pimmelwitz zu hören. Dem Fernsehzuschauer bleibt dieser Witz aber leider vorenthalten, denn der Zensurknopf in der Mitte des Tisches wurde wiedereingeführt und macht das Geschehen für uns Zuhause unhörbar. Im Internet gibt’s aber zum Glück genug Pimmelwitze. Keine Sorge ;-)

Die Polizei hat einen Penis gefasst. Er hat gestanden!

Generell wird der männlichen Doppelmoderation Schulz & Böhmermann häufig vorgeworfen, dass ein bisschen weibliche Empathie fehle, die bei Roche & Böhmermann vorhanden gewesen sei. Ich sehe das anders. Ich finde, es darf keinen Unterschied machen, ob zwei Männer, zwei Frauen, ein gemischtes Doppel oder sonst was moderieren. Auf den Inhalt kommt es an! Und mich hat er insgesamt angesprochen.

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Im Fazit der Sendung dann kommt es auch nicht zu viel größeren Erkenntnissen der beiden Mods. Böhmi gesteht sich ein, dass er über das Thema „Gleichberechtigung“ einfach noch nicht genug nachgedacht hat und ihm die Gäste einiges voraus hatten. Außerdem muss er nochmal feststellen, dass das ein ganz schönes „Mansplaining“ war: Männer erklären Gender Studies. Olli hingegen bleibt stur und will die Ambivalenz des Menschen weiterhin vertreten, indem er gegen Sexismus ist und trotzdem weiter Pimmelwitze reißt.


Laut DWDL sei der Staffelstart übringens quotenmäßig gescheitert. Ich denke aber, wenn es Formate gibt, die man nicht im Fernsehen sondern online „nachkonsumiert“, dann sind das die, mit Olli und Janni.

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Wenn man aber heftige Reaktionen im Netz als Erfolgsmesser betrachtet, dann scheint die Sendung wirklich nicht soooo spektakukär bei der „Community“ angekommen zu sein. Kleines Highlight: Selbst Gert Postel, bester Gast ever, hat zu #sundb getwittert ;-)

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Ich finde ganz einfach, dass man dieses Talkformat nicht zu ernst nehmen darf und muss über jeden schmunzeln, der von einer „gescheiterten Debatte“ schreibt. Was erwarten die denn? Das sind 6 Menschen, die 60 Minuten Zeit haben, einen Zensurknopf in der Mitte des Tisches, es gibt ironische Einspieler von der fantastischen Sibylle Berg und die Moderatoren nehmen sich und das Leben auch selbst nicht sooooo ernst, sondern wollen unterhalten. Und ich habe mich unterhalten gefühlt und freu mich deshalb auch schon auf die nächste Sendung!


Zum Runterkommen gibt es jetzt noch einen Penissong! Have fun!

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