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Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist.

Verfasst von Janica van Balen am

Schon weise Dichter und Denker haben es für das Schlimmste befunden, wenn das Bier alle ist. Andere wiederum sind Teil der Straight-Edge Bewegung und lehnen unter anderem Alkoholkonsum strikt ab. Von Bier, Trinkpausen und Antialkoholismus.

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Alkohol ist der Klebstoff der Gesellschaft - und immer gewesen. Auch oder insbesondere in der Karnevalshochburg Kölle am Rhing bedeutet ein Kölsch mit lieben Freunden in der jemötlichen Eckkneipe oft einfach Geselligkeit. Der Feierabend wird mit einem Bierchen eingeläutet und das eiskalte Radler im Park gehört unverzichtbar zum Sommer dazu.

Wenn wir ehrlich sind, macht Alkohol schön locker und wohlig entspannt. Er löst die Zunge und lässt überflüssige Hemmschwellen fallen. Für die Zeit, die der Rausch anhält, ermöglicht er Abwechslung oder Ausgleich zum sonst so ernsten, anstrengenden Alltag. Von den Stories, die man sich noch wochenlang nach dem feucht-fröhlichen Fest erzählt, mal ganz abgesehen, denn die erheitern oder beschämen ja noch weit über den legendären Abend hinaus.
Bei all dem Positiven werden die gefährlichen Folgen des Alkoholkonsums natürlich am liebsten ausgeblendet. Egal wie schlimm der Kater letzten Samstag noch war, Mittwochabend schmeckt der Wein zum Essen doch einfach wieder zu gut. Wer will schon etwas verpassen oder vielleicht spießig wirken?  Alkohol ist wohl die gesellschaftlich am meisten akzeptierte und am weitesten verbreitete Droge in Deutschland. Dass das auch gravierende Nachteile hat, liegt auf der Hand - immerhin zählt man aktuell etwa 1,3 Millionen Alkoholabhängige in der Bundesrepublik und 74.000 Menschen sterben jährlich an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Tendenz steigend.
Was ist also die Alternative? Straight-Edge oder Alki, oder irgendwas dazwischen? Ist Verzicht wirklich die einzige Lösung?
Sicherlich war eine Trinkpause oder ein moderaterer Umgang mit dem lieben Alkohol auch der Inhalt zahlreicher Neujahrsvorsätze, die zum Jahreswechsel beschlossen wurden. Jetzt, wo der Januar zuende ist, wäre eine gute Zeit, Bilanz zu ziehen.

(CC-0) Pexels / pixabay.com

Auch ich habe mir nach einer ziemlich alkoholreichen Vorweihnachtszeit vorgenommen, dem Englischen Vorbild entsprechend einen „Dry January“ einzulegen, den gesamten Januar über also auf Alkohol jeglicher Art zu verzichten. Das hat alles in Allem sehr gut getan, wo man so doch die ein oder andere Kalorie einsparen konnte und es plötzlich total einfach war, Weihnachtsspeck loszuwerden bevor er zur Frühlingsrolle mutiert. Besonders schwer ist es mir jetzt auch nicht wirklich gefallen, auch wenn ich mich ziemlich auf meinen „ersten“ Gin-Tonic im Februar gefreut habe.
"Dein Ernst jetzt?! Bist du schwanger, oder was ist los?"
Ziemlich irritierend allerdings waren die Reaktionen meiner Mitmenschen- vom militant-wiederholten Anbieten sämtlicher vorhandener Getränke, über's ungläubige Kopfschütteln bis zur aufrichtigen Beileidsbekundung war da tatsächlich alles dabei. Ich wurde mehrfach gefragt, ob ich in freudiger Erwartung sei - hey, ich will doch heute bloß nichts trinken! Zwischendurch habe ich mich schon das ein oder andere mal gefragt, wie man als Straight-Edger oder einfach generell antialkoholisch denn wohl Parties überlebt, auf denen es liebe Menschen nur „gut meinen“ oder wahlweise irgendwann einen im Tee haben und nur ganz schwer auszuhalten sind. Oder beides. Dass man die Lust am nüchternen Feiern ganz verliert, könnte ich nach dieser kurzen Zeit nicht behaupten. Die vier Wochen haben trotzdem ausgereicht, um meinen Alkoholkonsum einmal etwas zu beleuchten. Wann trinke ich und warum, wie viel trinke ich eigentlich, was mag ich daran, worauf könnte ich lieber verzichten?
 
Meine Bilanz: Es ist jedem zu empfehlen, sein eigenes Trinkverhalten einmal kritisch zu hinterfragen und dabei ehrlich zu sich selbst zu sein. Das sehe nicht nur ich so, auch die WHO empfiehlt einen bewussten Umgang mit dem eigenen Alkoholkonsum.
Für diejenigen, die sich ungern einer disziplinierten Subkultur wie dem Straight-Edge anschließen wollen oder auch so lieber nicht auf die ein oder andere Hopfenkaltschale verzichten mögen, könnte das eine ganz gute Lösung sein. Denn auch hier siegt, wie so oft im Leben, die Devise: „Balance ist the key to happiness“.

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