MAD MAX: FURY ROAD
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Dass morgen mit „Mad Max: Fury Road“ tatsächlich fast dreißig Jahre nach dem dritten Teil der Mad Max-Reihe ein vierter Teil in die Kinos kommt, kann Regisseur George Miller wahrscheinlich selbst am wenigsten glauben: Seit 1998 hat er versucht, das Projekt aus der Taufe zu heben. Jetzt ist es endlich soweit, und von überallher, wo der Film schon zu sehen war, ist ein Jubelchor von Fans und Kritikern zu hören. Wir steigen mit ein.
Die Endzeit, die das Publikum in „Mad Max: Fury Road“ zu sehen bekommt, hat etwas altmodisches – Eine Welt, die noch vom guten, alten Atomkrieg zum Teufel gejagt worden ist, bevor Modewörter wie „Klimawandel“ oder „Erneuerbare“ aufkommen konnten. Die Überlebenden heizen deshalb auch noch immer in uralten Schrottkisten durch die verstrahlte Wüste, als ob es kein Morgen gäbe - Wobei man ihnen in diesem Fall noch nicht einmal widersprechen möchte.
Max Rockatansky ist ein typischer Bewohner dieser Einöde – typisch in dem Sinne, dass er ganz schön gestört wirkt. Am Anfang des Film hat er mehr mit einem Tier auf der Flucht gemein, als mit einem menschlichen Wesen. So wird er denn auch kaum eine Minute später von seinen Häschern gekascht, die ihn in das Reich von „Immortan Joe“ verschleppen – einem degenerierten Albino-Darth Vader, der seine Untergebenen mit einem quasi-religiösen Kult beherrscht. Hier soll Max als lebende Blutbank für seine fanatischen Jünger dienen.
Doch es regt sich Widerstand gegen seine Herrschaft. Imperator Furiosa, Fahrerin eines zur fahrenden Festung aufgerüsteten Tanklastzugs, befreit die fünf „Ehefrauen“ des Diktators aus ihrem Hochsicherheits-Harem, um gemeinsam mit ihnen an den mysteriösen „Grünen Ort“ zu flüchten. Immortan Joe ist sichtlich in seinem männlichen Stolz gekränkt, dass er so seiner ungeborenen Söhne beraubt wurde. Also setzt er seine gesamte Streitmacht in Bewegung, um der Flüchtigen wieder habhaft zu werden.
Eine Meute von grotesk aufgemotzten Muscle Cars setzt sich auf die Fährte der Frauen, gesteuert von einem Haufen todessehnsüchtiger und bis an die Zähne bewaffneter Fanatiker – und Max mittendrin, denn er wird als Blutproviant auf die Motorhaube geschnallt. Es ist kein Spoiler zu verraten, dass er dort nicht bleiben wird.
All dies geschieht in den ersten zwanzig Minuten des Films – der Rest seiner Laufzeit besteht im Grunde aus einer einzigen, nicht enden wollenden Verfolgungsjagd, die nahtlos in eine Massenkarambolage übergeht.
Viele Jahre hat George Miller gebraucht, um den vierten Teil seiner Mad Max-Reihe, die er vor mehr als 35 Jahren begonnen hatte, beenden zu können. Doch die Mühe und das Warten haben sich mehr als gelohnt: Mad Max: Fury Road ist schon jetzt der beste Actionfilm des Jahres. Mindestens.
Die Actionsequenzen mit Dutzenden von Fahrzeugen und Akteuren gleichen einem filmischen Höllenritt, wie ihn das Genre schon lange nicht mehr zu bieten hatte. Tritt der Film einmal aufs Gas, drückt er das Pedal bis zum Boden durch und stellt einen Pflasterstein darauf. Im Sekundentakt kollidiert oder explodiert irgendetwas und die Leistungsschau in Furchtlosigkeit, die die Stunt-Abteilung hier betreibt, lässt den Unterkiefer zu Boden sinken – vor allem, wenn man weiß, dass all das tatsächlich am Set gedreht wurde, ohne mit dem Computer nachzuhelfen.
Dass dieses flammenschlagende Gewimmel nicht zu einem betäubenden Bildermatsch,wird, ist dem präzisen Schnitt zu verdanken, dank dem der Zuschauer nie die Orientierung im Geschehen verliert.
Immer dann, wenn das atemlose Hochgeschwindigkeitsschlachtgetümmel doch noch zu überwältigen droht, legt der Film eine wohlverdiente Atempause ein.
Die Action ist der eine Augenöffner des Films, das Produktionsdesign der andere. Miller gelingt es mit seiner Retro-Apokalypse, die absurdesten Einfälle glaubhaft und lebensnah wirken zu lassen. Jedes der verdreckten Sets steckt voller Ideen, jedes Fahrzeug erzählt eine eigene Geschichte.
Tom Hardy, der die Rolle des Max von Mel Gibson übernimmt, kann mit seinem Vorgänger locker mithalten. Er spielt die Figur als Instinktgetriebener, dem es vor allem um sein eigenes Überleben geht. Tatsächlich ist er nicht der Held des Films, diese Rolle kommt Charlize Theron als Imperator Furiosa zu. Sie steht dem Titelhelden in Sachen Entschlossenheit und Toughness in nichts nach, doch setzt sie diese nicht für sich, sondern für andere ein.
Ein interessanter Aspekt ist aber, dass der Film an seiner Oberfläche zwar wie testosteronversoffenes Jungskino aussieht, unter all dem Krach und Bumm jedoch eine durchaus feministische Botschaft an seine Zuschauer bringt. Denn letztlich befreien sich hier die Frauen selbst aus der Knechtschaft der Männer. Max und andere männliche Mitstreiter sind im Grunde nur Ballast, der mitgeschleppt wird.
Subtil ist das alles mit Sicherheit nicht. Aber es macht einen höllischen Spaß. „Mad Max Fury Road“ ist Zelluloid-gewordener Wahnsinn, eine Heavy-Metal-Oper, die ihres gleichen sucht, und ein Triumph in allen Disziplinen, die das Kino zu einer Sinneserfahrung werden lassen.
Wenn ihr diese Erfahrung also auch machen wollt, ab morgen läuft Mad Max im Cinedom, Metropolis, Cinenova und im Autokino in Porz.
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Text: Christopher Dröge