Ein Kuss von Beatrice, ein Kuss für alle
Verfasst von Teresa Virnich am
In der französischen Tragikomödie Ein Kuss von Beatrice küsst Beatrice in der Tat eine Menge Menschen und es wird von einigen erzählt, die sie mal geküsst hat. Aber in Frankreich ist küssen ja nichts besonderes, passiert ja jeden Tag, mit jedem, immer, überall. Aber hier geht es nicht nur ums Begrüßungsküsschen, sondern auch um romantische, liebevolle Küsse. Und das lustige ist, Beatrice ist nicht mal die Protagonistin, sondern Claire.
Neben dieser ganzen Küsserei steht nämlich Claires Beruf der Hebamme und seine aktuelle, gesellschaftliche Situation im Vordergrund. Denn immer weniger Frauen können als Geburtshelferin ihren Lebensunterhalt verdienen. Der Grund? Die Versicherung ist zu teuer für den Staat. Können ja auch Ärzte übernehmen. So wie bei Claire, deren Geburtshaus schließt und sie einen neuen Job in einer Geburtsfabrik angeboten bekommt, jedoch mit der Aussicht arbeitslos zu sein lieber ablehnt.
Dann taucht in dieser schwierigen Zeit auch noch die Ex-Geliebte von Claires toten Vater auf und da kommt Beatrice ins Spiel. Bei ihr wurde Krebs diagnostiziert und Claire ist die einzige Person bei der sie Rückhalt finden kann. Doch Claire bleibt distanziert, siezt Beatrice permanent und nimmt sie nur widerwillig bei sich auf. Denn wegen Beatrice hat ihr Vater ihre Mutter verlassen und die Familie zerstört.
Für die Tragik sorgt Beatrices Krebs und Claires unsichere, berufliche Zukunft. Für die Komik gibt es fremdschämende Momente und Beatrices lautstarkes Mundwerk, das hier und da mal ein paar Küsse verteilt. Das Tempo des Films ist ruhig und angemessen. Die Kamera ruht gerne mal bis zu einer Minute in einer Einstellung und gibt dem Zuschauer Zeit, jeden Winkel zu erkunden und kleine Details zu erforschen. Ein Kuss von Beatrice ist vollgepackt mit emotionalem Realismus, dank dem wir jede Sekunde mit Claire zittern, hoffen und aufatmen. Man fühlt sich so nah bei ihr, was man der lebendigen Kameraführung und den langen Totalen verdankt.
Diese Tragikomödie ist leichte Kost mit einer Portion französischem Humor und einem Hauch Taschentuchkino. Wer einen netten Abend mit Mama oder der besten Freundin plant, macht mit Ein Kuss von Beatrice nichts falsch. Wer jedoch unerwartete Wendungen, viel Action und einen Wow-Effekt will, der sollte lieber zu Hause bleiben.