Ein Schwarz-Weiß-Film, der Klischees mit Konträrfarben bewirft
Verfasst von Teresa Virnich am
,,Get Out" spielte innerhalb von drei Monaten knapp 200 Millionen Dollar ein, ohne ein klassischer Hollywoodknaller zu sein. Er ist einer der hochgelobtesten Filme des Jahres. Da schau ich mir doch gleich mal den Trailer an .... und kann darüber nur lachen. Was soll daran gut sein? Das ist doch totaler Trash. Horror mit Schwarzen? Dann auch noch rassistisch. Doch hinter einem Trailer steckt ja noch ein ganzer Film, der gerne entdeckt werden möchte. Also gut, auf ins Kino.
Chris ist ein schwarzer Fotograf, der mit seiner weißen Freundin Rose seit 4 Monaten zusammen ist. Nun steht der typische Besuch bei den Eltern an, zu dem Chris nur eine Frage stellen kann: ,,Wissen deine Eltern, dass ich schwarz bin?" Rose entgegnet mit Sarkasmus, stets schlagkräftig und mit viel Humor. Sie ist die starke Freundin, die ihren Liebling vor allen rassistischen Angriffen schützt und verteidigt.
Ihre Eltern begrüßen Chris sehr freundlich und offenherzig. Auf dem Land lebt es sich friedlich und ruhig. Nur merkwürdig, dass zwei schwarze Angestellte auf dem Landgut arbeiten. Noch merkwürdiger wird es, als er von Roses Mutter hypnotisiert wird. Oder war es doch nur ein Traum?
Eines Tages steht eine Party an, die jährlich zu Gedenken der verstorbenen Großeltern stattfindet. Das Ganze läuft erst dann aus dem Ruder, als Chris auf einen anderen schwarzen Bruder trifft, der sich jedoch gar nicht lässig und cool, sondern gedrungen und überhöflich ausdrückt. Als er dann von dieser seltsamen Gestalt ein Foto mit Blitzlicht macht, rastet dieser völlig aus und schreit ,,Get out!".
Diese Horrorkomödie dreht typische Klischees auf den Kopf und rollt das alte Feld von hinten auf. Zu Beginn wird ein Schwarzer verloren in einem weißen Viertel gezeigt, der leicht ängstlich durch die dunklen Gassen irrt, während ihn ein zwielichtiges Auto verfolgt und kurzerhand mitnimmt. Wieso einen Schwarzen entführen? Die obere Gesellschaftsschicht labt sich an ihren muskulösen Körpern und den guten Genen - sie werden also nicht als niedere, sondern als göttliche Schicht angesehen. Hinzu kommen starke Farbspiele der Kamera zwischen Schwarz und Weiß (wobei ihr gesagt werden muss, dass es ein typischer Farbfilm und kein Schwarz-Weiß-Film ist), intensiv emotionale Nahaufnahmen und abwechslungsreiche Schauspielfähigkeiten.
Der Hype um ,,Get Out" hat bereits die ganze Welt erreicht. Gerechtfertigt?
Es ist kein Horrorfilm im klassischen Sinne. Dieses mal wird eine kräftige Portion Humor dazugepfeffert, die mal ganz offensichtlich in Wortgefechten rausplatzt und mal unterschwellig im Subtext mitschwingt. Ein Balanceakt zwischen Witz und Angst, der es über den ganzen Schwebebalken schafft. Zudem ist Chris nicht der typische Horrorheld, der zu blöd ist die ganze Situation zu verstehen und sich immer weiter ins Chaos reisst. Er denkt rational, handelt schnell und geht dem Zuschauer somit nicht auf die Nerven. Aber von der hochgelobten Gesellschaftskritik ist hier nur ein leichter Windhauch zu spüren. Das Aufmischen der Klischees ist eine nette, neue Idee, regt aber die Wenigsten wirklich zum Nachdenken an, weil dafür auch einfach die Basis fehlt.
,,Get Out" mag einer der besten Horrorfilme der vergangenen Jahre sein, der es endlich wieder geschafft hat eine gelungene Mischung aus echter Angst, Witz und einem Ende voller Mindfuck zu erschaffen. Den Dialogen hört man gerne zu, fühlt sich in den Charakter ein und fiebert mit. Eine noch nie da gewesene Meisterleistung, wie er in den meisten Kritiken hochgelobt wird, ist er meiner Meinung nach nicht, aber dennoch einen Besuch im Kino wert.