Ex-Junkies, taffe Mädels und ein Abendessen
Verfasst von Lukas Schulze Beiering am
Puh, es ist zwar offiziell erst der dritte Berlinale-Tag, aber der Trubel und das kalte Berlin haben mich jetzt schon ganz schön geschafft. Meine Erlebnisse vom gestrigen Freitag möchte ich euch aber nicht vorenthalten...
Los ging's mit "Tiger Girl", einem interessanten deutschen Film über Selbstbehauptung und Eskalation.
Es geht um Maggie, die eine Ausbildung zur Security-Kraft macht, sich im echten Leben aber gar nicht durchsetzen kann. Bis Tiger in Maggies Leben tritt, sie vor üblen Typen rettet und Vanilla tauft. Mit geklauten Uniformen zeigt Tiger Maggie, dass man das was man will auch einfordern muss. Allerdings läuft das ganze dann völlig aus dem Ruder. "Tiger Girl" trifft keine klaren Aussagen und besonders tiefgründig kommen die Charaktere auch nicht daher. Aber der Film ist derb, komisch und - das wichtigste - für einen deutschen Film was noch nie Dagewesenes. Allein dafür lohnt sich der Film.
In T2 Trainspotting hatte ich fast den ganzen Film ein Dauergrinsen. T2 ist absoluter Fanservice, große Nostalgie, schließt trotz 20-jähriger Pause unmittelbar an den ersten Teil an und doch ganz anders als der Kultfilm aus den 90ern. Renton hat seine freche Erzählerstimme verloren und Heroin ist nur noch indirekt durch den starken Bezug auf den ersten Teil ein Thema. T2 wird sicherlich niemals die Größe des Vorgängers erreichen, aber für alle die wissen wollen wie die Geschichte um Renton, Sick Boy, Spud und Begbie weitergeht endlich der nötige Fix sein.
Die Premiere von "The Dinner" war schon ein Spektakel. Dutzende Fans warteten draußen am roten Teppich in der Kälte auf Richard Gere, der im Film den aufstrebenden Senator Stan Lohmann spielt. Der Film sollte eigentlich um 19:00 starten; Gere steigt eine Viertelstunde vorher aus dem Auto, muss aber dann aber eine halbe Stunde ein Riesen-Halligalli um sich ergehen lassen, sodass der Film erst eine Viertelstunde anfangen kann. Wahnsinn. Zurück zum Film: Senator Stan Lohmann lädt mit seiner Frau seinen Bruder und dessen Frau in ein nobles Restaurant ein um eine wichtige Familienangelegenheit zu besprechen. Steve Coogan spielt Lohmanns Bruder Paul, der Stan für einen Narzissten hält und der Einladung nur widerwillig zustimmt. Was als unterhaltsames Kammerspiel beginnt entfesselt sich im Laufe der Zeit zu einem unglaublich vielschichtigen und heftigen Film, der irgendwann sehr schwer zu ertragen ist und einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Der stärkste Film des Tages!
Abschließend habe ich noch "Dayveon" gesehen, eine Art Coming-of-Age Film mit Gangproblematik in Arkansas. Vom Setting her schon neuartig und mit sehr starken Bildern, hat mich "Dayveon" mit seinen wahrscheinlich durchaus authentischen Dialogen doch ziemlich genervt (Vokabulargröße von etwa fünf Wörtern: cool, fuck, nigga, dude, bro). Die einfache und absehbare Story hat da leider nicht geholfen. Schade.