Rassismus in Köln und wie man ihn bekämpfen kann
Verfasst von Valerie Ndoukoun am
Blicke auf der Straße, Diskriminierung bei der Job- und Wohnungssuche oder die Frage „Wo kommst du wirklich her?“ – Menschen mit Migrationsgeschichte sind immer wieder Rassismus ausgesetzt. Das belegt auch eine neue EU-Studie, laut der Schwarze in Deutschland am häufigsten werden. Dazu befragte die Europäische Agentur für Grundrechte (FRA) Menschen in 13 EU-Staaten zu ihren Erfahrungen. Mit ernüchterndem Ergebnis: 77 Prozent der hier lebenden Teilnehmenden gaben an, in den letzten fünf Jahren wegen ihrer Herkunft oder Hautfarbe Rassismus erlebt zu haben.
Für das Projekt „amal – Auswirkungen rechtsextremer und rassistischer Gewalt auf das Alltagsleben von Menschen mit Migrationsgeschichte und BPoC in NRW“ hat sich das Institut für Migration und Diversität der TH Köln jetzt mit genau diesem Thema befasst. Grund dafür war neben einer entsprechenden Ausschreibung des NRW-Wissenschaftsministeriums die Tatsache, dass es zu den Auswirkungen von Rassismus auf die Opfer zu wenig Forschung gibt. Mit „amal“ wolle man diese Lücke schließen.
„Es gibt keinen Ort, an dem sich Betroffene per se sicher fühlen können“
In der Studie geht es unter anderem darum, welche Formen von rassistischer und extrem rechter Gewalt es gibt, in welchen Bereichen sie vorkommt und welche Folgen sie für die Opfer hat. Außerdem analysieren die Forschenden unter Leitung von Prof. Dr. Schahrzad Farrokhzad und Prof. Dr. Birgit Jagusch, wie Betroffene mit Rassismuserfahrungen umgehen und Bildungs- und Beratungseinrichtungen Hilfe leisten können. Um ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu erhalten, befragten sie dazu in den Jahren 2021 und 2022 66 Personen, darunter Leidtragende und Fachkräfte.
Viele Betroffene fühlen sich nicht ernst genommen
Zu den Haupterkenntnissen der Untersuchung gehört, dass rassistische und extrem rechte Gewalt im Alltag der Opfer omnipräsent ist: „Es gibt keinen Lebensbereich, Ort oder Kontext, an dem sich Betroffene per se sicher fühlen können“, heißt es im Abschlussbericht. Dazu zählen vor allem der öffentliche Raum, der Arbeitsplatz, Schulen, Behörden und die Polizei. Besonders überraschend sei für die Wissenschaftler*innen gewesen, wie oft Rassismus in der Nachtbarschaft vorkomme. An Universitäten gebe es das Problem mit ein bis zwei Fällen wiederum deutlich seltener.
Die am häufigsten genannte Gewaltform waren psychische Taktiken wie Bedrohungen, Einschüchterungen und Erniedrigungen. Viele Befragte berichteten zudem von körperlicher oder sexualisierter Gewalt und dass ihre Erfahrungen von anderen verharmlost oder heruntergespielt werden. Das hat massive Folgen und wirkt sich unter anderem auf den Körper, die Psyche, das soziale Umfeld, den beruflichen Werdegang sowie auf das Vertrauen der Leidtragenden in den Staat und die Gesellschaft aus.
53 Prozent aller Diskriminierten in Köln werden dies aufgrund ihrer Herkunft
Auch in Köln ist Rassismus trotz aller Weltoffenheit ein
ernstzunehmendes Problem. Laut einem Diskriminierungsbericht der Stadt
aus dem Jahr 2021 wurden 53 Prozent der Betroffenen aus rassistischen
Motiven benachteiligt oder angegriffen – mehr als in allen anderen
Kategorien der Statistik.
Die Politik geht deshalb mit verschiedenen Maßnahmen dagegen vor: „Die Stadt Köln versucht sich vielfältig aufzustellen und hat mit dem Amt für Integration und Vielfalt eine Stelle geschaffen, die unterschiedliche Wege in die Stadtverwaltung und Gesellschaft sucht“, erklärt Pressesprecherin Katja Reuter. Dazu zählt zum Beispiel der Tag der Toleranz, eine große Plakat- und Social-Media-Aktion, die in Köln lebende queere Menschen mit Migrationsgeschichte vorstellt.
Damit es keinen Rassismus mehr in unserer Gesellschaft gibt, muss noch viel passieren. Laut den Empfehlungen der amal-Studie braucht es vor allem konkrete Handlungs-, Präventions- und Schutzkonzepte in Bildungs- und Beratungseinrichtungen. Auch Solidarität mit den Opfern sei ein wichtiger Baustein. Trotzdem sind Erkenntnisse wie diese ein kleiner Anfang und können dabei helfen, das Leben von Betroffenen auf lange Sicht zu verbessern, wie die Forschenden im ihrem Projektbericht schlussfolgern.