Sprechen und Vortragen – leichter gesagt als getan
Verfasst von Joyce Lee amDas Sprechtraining mit Casy M. Dinsing ist vielseitiger ausgefallen, als ich dachte. Und das ist auch gut so. Denn ich konnte mich in vier Anläufen stimmlich austoben.
Dass Aussprache und Betonungen so wichtig für die Hörer ist, ist mir erst dann klargeworden. Wird ein Satz falsch betont, kommt die Message nicht richtig an. Nach ein paar Sprech- und Atemübungen durften wir uns unseren ersten Text aussuchen, den wir aufnahmen, damit wir ihn uns in der Runde anhören und darüber diskutieren konnten. Casy hatte verschiedenste Texte mitgebracht: News, Gedichte, Satire, Auszug aus Romanen, Sagen etc. Ich suchte mir als ersten Text einen Auszug von „Herr der Diebe“ von Cornelia Funke aus. Zuerst las ich mir den Textauszug durch und analysierte dabei die Figuren. Es ging darum, dass Prosper mit Barbarossa einen Deal aushandelte. Barbarossa war ein ungemütlicher Typ, der gerne darauf lospoltert und anderen gegenüber sehr arrogant ist. Ihm verlieh ich eine überhebliche, laute, stolze Stimme. Prosper schätzte ich bestimmt aber fair ein und deswegen bekam er von mir eine klare feste Stimme. Ich hätte nie gedacht, dass es so viel Spaß machen würde, den Figuren durch meine Stimme Charakterzüge zu geben und während dem erzählenden Teil Spannung aufzubauen. Natürlich war es nicht perfekt, aber deswegen übten wir das ja! Der größte Tipp von Casy hier war, sich auch Gedanken darüber zu machen, wie alt die Charaktere sein könnten. In dem Fall wäre es für mich sehr hilfreich gewesen, da Prosper erst zwölf Jahre alt war. Das lässt sich auch aus dem Text erschließen, nur habe ich mir über diesen Teil des Textes keine großen Gedanken gemacht. Aber dadurch wäre auch dem Hörer auch klarer geworden, dass Prosper noch ein Kind ist. „Lesen und verstehen“ – Das war eine der Leitmottos des Seminars.
Beim zweiten und dritten Versuch wurde ich etwas mutiger und griff zu Gedichten von Ernst Jandl aus dem zweiten Weltkrieg. Ich versuchte die gedrückte Atmosphäre durch eine ruhige Stimme und die Wörter deutlich und langsamer wiederzugeben. Casy gab mir noch einen Tipp, wie ich die Gedichte rhetorisch noch unterstützen kann. Und zwar durch Pausen. „Lasst euch Zeit und nehmt euch diese Zeit für den Text“.
Beim vierten Mal knöpfte ich mir etwas vor, was ich auch schon in der Grundausbildung machen musste: News vortragen. Naja, was soll ich da schon großartig falsch machen. Es sind ja nur die News. Falsch! So einfach war das nämlich doch nicht. News so neutral und straight vorzutragen wie möglich, benötigte ebenfalls Übung. Emotionen in der Stimme waren da fehl am Platz. Dennoch sollte betont werden, und zwar sollte die Betonung auf dem Wort liegen, das in dem Satz neu ist. Davon hängt dann auch die Sprachmelodie ab.
Dadurch dass ich viermal sowohl von Casy als auch von den anderen Seminarsteilnehmern Feedback bekommen habe, kann ich auf jeden Fall sagen, dass mir das Sprechtraining sehr viel geholfen hat. Auch durch das Vortragen der anderen Seminarsteilnehmer habe ich mehr gelernt als ich dachte.