Sandra 17.02.10 - Toleranz fuer den Vormittag

Verfasst am

17. Februar
Toleranz ist heute das grosse Thema des Vormittags...

Ein strahlend blauer Himmel und eine glasklare, frische Luft laesst Berlin heute erstrahlen und die Festivalbesucher, Autogrammjaeger und Journalisten herbeistroemen.

Na ja... ausser dem blauen Himmel begann der Tag mit einem deutschen Wettbewerbsbeitrag. Shahada. Der Regisseur ist Burhan Qurbani und es ist sein erster Film. Dass der dann auch gleich auf der Berlinale landet haette er auch nicht gedacht. Der Episodenfilm erzaehlt von Maryam, Samir und Ismail, drei jungen Muslimen in Deutschland. Alle drei haben eine Suende begangen und alle drei plagt das Gewissen und die Angst vor der Strafe Gottes. Maryam hat ihr Baby abgetrieben, Samir ist Homosexuell und Ismail hat im Polizeidienst einen Unfall mit seiner Waffe gehabt. Er wolle seine Figuren an den aeussersten Rand des fuer sie ertraeglichen treiben, sagt Regisseur Burhan Qurbani. Das ist ihm auch gelungen.
Die grossen Frage des Films, verzeiht Gott Suenden und wie wird der Koran ausgelegt, loest der Regisseur mit bravour. Ein Musterbeispiel von Imam, laut Regisseur Burhan Qurbani sein Ideal-Imam, legt den Koran sehr tolerant und individuell aus. Ganz nach dem Motto „Werd seelig mit deiner Fassung“ wie Qurbani erklaert. Der Film soll zum Nachdenken anregen und Gespraeche ueber Religon foerdern, so der Wunsch des Regisseurs. Ich denke, dass ist ihm gelungen. Allein schon in der Pressekonferenz mit ihm und den Darstellern wurde rege ueber Toleranz, Kant, Christentum, Imame und die Frage nach Erloesung diskutiert.

Ausser Konkurrenz lief heute eine leicht dramatische Komoedie von Lisa Cholodenko: „The Kids Are All Right“. Annette Bening und Julianne Moore spielen ein lesbisches Paar, dass zwei Kinder hat, die beide von einem Samenspender stammen. Als die Kinder den biologischen Vater ausfindig machen und beginnen zu ihm eine Beziehung aufzubauen, kommt es zu Aerger in der Familie. Wunderbar kernig, maennlich und draufgaengerisch spielt Mark Ruffalo den Samenspender. Zitat Robert: „Der kriegt sogar die Hardcore-Lesbe rum!“ Aber auch der Rest der Besetzung fuegt sich schoen in die Rollen. Jaaa, auch eine lesbische Julianne Moore wirgt nicht befremdlich.
Wir haben hier keine laecherliche Bloedel-Komoedie, sondern Lacher, die manchen vielleicht sogar bekannt vorkommen. Ausnahmen bestaetigen die Regel. Schoen ist auch, dass von der prototypischen, amerikanischen Familie abgewichen wird. Erfrischend neu wirkt das ganze. Also wer wissen moechte warum sich ein lesbisches Paar Schwulenpornos ansieht, der sollte dringend mal diesen Film sehen.

Abgeschlossen habe ich meinen Berlinaletag mit gleich drei Premieren! Die Abteilung Perspektive deutsches Kino hat die Kurzfilme von Nachwuchsregisseuren vorgestellt. Voller rheinischem Stolz darf ich verkuenden, dass sich unter dem gestern gefeierten Nachwuchs auch eine Koelnerin befand. Juliane Engelmann studierte an der Kunsthochschule fuer Medien in Koeln. Sie hat gestern ihren Film Narben im Beton vorgestellt. Die 23-jährige Anna ist mit der Erziehung ihrer drei Kinder ueberfordert. Seit ihr Mann sich einer neuen Frau zugewandt hat und vor Annas Augen ein neues Leben lebt, gerät sie immer mehr in einen emotionalen Ausnahmezustand. Eine erneute Schwangerschaft will sie nicht wahrhaben und verdrängt sie solange, bis sie von der Geburt ueberrascht wird.
Der Film ist keine leichte Kost lohnt sich aber gerade deshalb. Er greift ein Thema auf, dass in letzter Zeit oefters in den Medien war. Vernachlaessigung der Kinder, Babymord und die sozialen Zustaende die dazu fuehren. Ich habe Juliane Engelmann ueber ihren Film, die Thematik und ihre weiteren Projekte gesprochen. Das Interview gibt es naechsten Mittwoch in der Filmspur von 18-20 Uhr auf Koelncampus.

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