Berlinale 2008 - 8. Tag: Bananen für Kindersoldaten

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Philip schreibt:
Das klang auf dem Papier interessanter: die Menschheit ist nicht mehr zu retten. Aus der Perspektive einiger spanischer Dörfler verfolgen wir das Ende der Welt, als ein gewaltiger Asteroid unaufhaltbar auf die Erde zusteuert. Drei Tage bleibt den Lebenden noch bis zur endgültigen Ausrottung. TRES DIAS ist einer von mehreren spanischen Genrefilmen, die es auf der diesjährigen Berlinale zu sehen gibt - und er ist eigen, soviel lässt sich schon einmal sagen. Trotz seinem offensichtlich geringen Budgets macht er das beste aus seiner Prämisse, hält seine Protagonisten weitestgehend in der Isolation und schafft so eine nachfühlbare Atmosphäre von Panik und Verzweiflung. Schwieriger steht es um große Teile des Mittelbaus des Films: darin wird die Aufmerksamkeit nämlich auf einen Schatten aus der Vergangenheit gelenkt, einen gefährlichen Verbrecher, der in der Massenpanik aus seinem Gefängnis fliehen kann und für seine letzten Tage noch auf Rache aus ist. Letztendlich bleibt TRES DIAS also doch nur ein klassischer Psychothriller vor apokalyptischem Hintergrund, obwohl so viel mehr möglich gewesen wäre. Schade, aber es gibt wirklich Schlimmeres!
Mit BANANAZ nun, habe ich einen weiteren Ausflug ins Dokumentarische gewagt, womit ich auf dem diesjährigen Festival fast immer gut gefahren bin. Auch dieser Film bildet da keine Ausnahme. Portraitiert wird die - für unsere Hörerschaft wohl nicht weiter vorzustellende - Zeichentrickband GORILLAZ von Britpop-Mastermind Damon Albarn. Sechs Jahre lang begleitete Regisseur Cary Levy die Beteiligten permanent mit der Kamera und liefert jetzt in knapp anderthalb Stunden ein gefälliges Bild, dass den Musikinteressierten zum ersten Mal hinter Fassade und Konzept blicken lässt. Das ist kurzweilig, amüsant und charmant - bleibt aber leider doch nur etwas für Fans. Dem Zuschauer werden zu wenig Informationen über Ideen und Probleme gegeben, meist werden nur fertige Tatsachen präsentiert. Auch gibt es keinen richtigen Spannungsbogen - und das obwohl es genug Möglichkeiten für Geschichten gegeben hätte: etwa Albarns furcht vor Auftritten in den USA (vor dem ersten US-Konzert der GORILLAZ sehen wir ihn sich vor Aufregung erbrechen!), oder Dennis Hoppers Nervösität (er hat auf der zweiten Platte einen Introtext eingesprochen), weil er während des Konzerts live auf die Bühne soll! Diese Momente sind grandios! Nur ein einzelner roter Faden zieht sich durch den Film und sorgt dann auch für einen brillianten Schlußmoment: Damon Albarns Versuche sich gekonnt eine Zigarette in den Mund zu schnippen. Immer scheitert er, doch ganz am Ende, im Backstageraum nach einem Konzert gelingt es ihm während einer Unterhaltung. Albarn bricht sein Gespräch ab und jubelt in die Kamera. Was denn passiert sei, fragt einer; "Ach nichts, nur etwas, dass ich schon seit sechs Jahren versuche!"


Sven schreibt:
Der zweite deutsche Wettbewerbsbeitrag "Feuerherz" von Luigi Falorni hat schon im Vorhinein die Gemüter erhitzt; angeblich ist er nämlich erlogen. Heute lief er dann. "Feuerherz" basiert auf den Kindheitserinnerungen von Sängerin Senait Mehari, die in ihrer Kindheit in Eritrea von einer der beiden rivalisierenden Rebellengruppen rekrutiert wurde - von Persönlichkeitsrechten über die Dehnbarkeit des Begriffs "Kindersoldat" bis hin zu ganz generellen Zweifeln an Meharis Schilderung der Dinge begleiteten verschiedenste Streitigkeiten die Produktion des Films, die auch schon als Kritik am Buch laut wurden. Auch beim Publikum in der Pressevorführung war die Reaktion, gelinde geasgt, zurückhaltend. Wie auch immer: "Feuerherz" ist dabei weder empörend noch spektakulär, sondern ein im wesentlichen harmloser, uninspirierter und einigermaßen klischeehafter Film. Wenn man dann noch bedenkt, dass Eritrea hierzulande im Allgemeinen eigentlich niemanden interessiert, könnte man sich glatt fragen, wozu der ganze Lärm.
Der israelische Film "Restless" von Amos Kollek lief im Anschluss. Hier geht es um einen israelischen Autor in New York, der unvermittelt in Kontakt zu seinem unbekannten Sohn in Israel gerät, nachdem dessen Muter gestorben ist - und sich mit ihm erstmal arrangieren muss. Das Drama (und Kulturportrait) weiß durch galligen Humor und eine gewisse Rotzigkeit immerhin zu unterhalten.
"Il y a longtemps que je t'aime" aus Frankreich, Regiedebüt des Schriftstellers Philippe Claudel, schloss die Vorstellungen der Wettbewerbsfilme heute ab. Die Familie von Léa nimmt deren ältere Schwester bei sich auf, die für 15 Jahre im Gefängnis saß und versucht, sie wieder ins Familienleben zu integrieren. Das bedächtige und emotionale Drama ist zwar nicht das, was man sich unter temporeichem Kino vorstellt, verglichen mit einigen anderen Laber-Kunstfilmen aus dem Wettbewerb kann es aber noch als völlig in Ordnung gelten.
Über den bekloppten John-Wayne-Kriegsfilm "The Green Berets" aus der Reihe "War At Home" erübrigt sich jeder Kommentar.

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