Berlinale 2008 - 1. Tag: Die alten Herren können das Rocken nicht lassen...
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Philip schreibt:
Mein erster Eintrag zum diesjährigen Berlinale-Blog muss gesundheitsbedingt leider sehr kurz ausfallen. Ursprünglich dachte ich sogar, dass ich zunächst einmal gar nichts würde sehen können, aber am Nachmittag konnte ich mich dann doch noch zum Berlinale-Palast aufraffen: immerhin sollte niemand geringeres als Martin Scorsese vor Ort sein und - als wäre das noch nicht genug - gleich noch die Rolling Stones in Gesamtbesetzung im Schlepptau haben. SHINE A LIGHT heißt der Eröffnungsfilm des diesjährigen Festivals und wurde gemeinsam von dieser Truppe verbrochen: ein von Scorsese inszenierter Konzertfilm - knapp zwei Stunden Liveshow mit einigen wenigen ausschließlich älteren Interviewhäppchen dazwischengeschnitten. Einer der Höhepunkte: ein knapp dreißigjähriger Mick Jagger wird gefragt, ob er sich denn vorstellen könne, der selben Beschäftigung auch noch mit sechzig nachzugehen. Der antwortet - wie aus der Pistole geschossen - mit einem "Ja, selbstverständlich!" In Anbetracht des exzessiven Lebensstils der Stones, muss man ihm für diese Antwort ja beinahe prophetische Fähigkeiten zugestehen!
Während der Film selbstredend vor allem den eigestandenen Fans der Greisenkapelle gefallen dürfte, besitzt er doch auch genug Zauber, um einem frischeren Publikum den Reiz von deren Musik zu vermitteln. Denn es ist und bleibt einfach erstaunlich, dass diese vier Männer auch nach so vielen Jahren noch eine Power besitzen, bei der diverse jüngere Bands schon nicht mitkommen können. Rock&Roll!
Eher blöd ist, dass die Berlinale seit diesem Jahr eine strengere Politik für ihre Pressekonferenzen vertritt: wenn der Raum einmal voll ist, kommt auch niemand mehr rein. In den letzten Jahren hat man sich halt gequetscht, in diesem Jahr muss man halt gut eine Stunde vor Beginn der Konferenzen da sein - als ob man als Pressevertreter auf einem Filmfestival nicht sowieso schon zu viel Freizeit hätte...
Soll heißen: zur Pressekonferenz mit Scorsese und den Stones kam ich zu spät und auch alles Betteln und Jammern hat nichts geholfen. Wegen mir! Dann kuriere ich mich jetzt halt noch etwas weiter aus! Heute war ja erst der erste von zehn Festivaltagen, da kann ich jede zusätzliche Energie gut gebrauchen!
Sven schreibt:
Aller Anfang ist schwer. Vor lauter Akkreditierung sogar zur Feier des Einstands erstmal den langerwarteten Eröffnungsfilm verpasst, den neuen Scorsese "Shine A Light". Dabei hab ich mich doch so drauf gefreut. Immerhin der Pressekonferenz im Anschluss beigewoht; das war sehr spektakulär, denn "Shine A Light" ist eine Dokumentation über die Rolling Stones, und die waren mit Martin Scorsese zusammen da. Alle fünf sehen in echt noch älter aus als im Fernsehen, aber wenn alle Pressekonferenzen so witzig sind, dann will ich da in Zukunft öfters hin.
Obwohl der Kram mit den orangefarbenen, weißen und rosa Formularen einem Nerven abverlangt, es noch zur Eröffnung der Sektion "Panorama" geschafft; da soll ein "Ausblick auf die Tendenzen des Arthouse-Kinos" gegeben werden. Es wurde "Meermädchen" gezeigt, ein russischer... ja... Coming-Of-Age-Film? Frauenfilm? über ein linkisches Mädel, das Tänzerin werden will und nach einer Sonnenfinsternis zu sprechen aufhört. In der "Schule für zurückgebliebene Kinder" lernt sie, ihre Wünsche wahr werden zu lassen - und weil sie es in dem kleinen heimatlichen Küstenkaff nicht mehr aushält, wünscht sie sich eine Strumflut herbei, die das ganze Nest zerstört. Obdachlos geworden ziehen ihre Mutter und Großmutter mit ihr nach Moskau, und dort arbeitet sie und sucht nach der Liebe. Man kommt in der ersten Hälfte von "Meermädchen" manchmal nicht aus dem Staunen heraus über seine aberwitzigen Regieeinfälle, Liebenswürdigkeit und verschrobene Phantasie, die bisweilen an den guten Emir Kusturica erinnern. Leider verlahmt der Film in Moskau dann unglaublich. Es bleibt aber vor allem zu loben: Masha Shalaeva, die wunderbar knuffige Hauptdarstellerin.